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Gerard Corbiáu

Der Belgier Gérard Corbiau ist durch sein Porträt des Kastratensängers „Farinelli“ (1994) bekannt geworden. Mit seinem neuen Film „Der König tanzt“ spürt er dem Sonnenkönig Ludwig IV. und seinem Hofkomponisten Jean-Baptiste Lully nach.

kulturnews: Herr Corbiáu, Ihr Porträt Lullys ist nicht gerade schmeichelhaft. Ist er immer noch eine französische Institution?

Gérard Corbiau: Schwierige Frage. Tatsache ist: Lully hat durch seine Machenschaften Moliére ins Grab gebracht. Und Moliére steht nun einmal für Frankreich. Lully hat nach dem Tod von Moliére das ganze Musikgeschehen im Lande an sich gerissen und sich wie ein Diktator aufgespielt. Er leitete die königliche Akademie für Musik und entzog allen anderen Komponisten und Konkurrenten die Arbeit- und Lebensgrundlage. Die mussten ihren Laden dicht machen oder emigrieren. Nach Lullys Tod hat die ganze Musikwelt aufgeatmet. Als Mensch ist er nicht sehr angesehen, aber man bewundert ihn als Komponisten. Trotzdem gibt es unbestritten ein Unbehagen gegenüber seiner Person. Frankreich hat in der Tat nicht ein kleines, sondern ein großes Problem mit Lully.

kulturnews: Ihr Film erzählt ja nicht nur von den Künsten allein, sondern von deren Verhältnis zu Politik und Macht …

Corbiau: Die Dreifaltigkeit von Macht, Politik und Kunst war zu jener Zeit normal, denn der König war Gott, und er war dadurch auch für die Diktatur vorbestimmt. Die Künste waren ihm zu Diensten. So bestimmend waren Kunst und Macht allenfalls wieder im Faschismus aufeinander eingeschworen.

kulturnews: Die Musik ist in Ihrem Film eine geradezu übernatürliche Macht, die sogar im Stande ist, Menschen zu heilen. Auch in „Farinelli“ hatte sie etwas Magisches. Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zur Musik?

Corbiau: Für mich hat die Musik tatsächlich etwas Magisches. Musik ist etwas, das hilft zu leben und das einen trägt. Ähnlich wie die Dichtung.

kulturnews: Geht das auch mit moderner Musik?

Corbiau: Mit der modernen Musik habe ich es nicht so. Da fühle ich mich eher unbehaglich, empfinde sie eher als trist. Ich höre mir das an, aber es ist nicht so wie bei einem Vivaldi-Konzert, bei dem ich schwebe. Moderne Musik hat einfach nicht die selbe Wirkung. Ich denke, dass Werke von Ravel oder anderen nicht die gleiche ursprüngliche Kraft haben wie alte Musik.

Interview: Axel Schock

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