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Sarah Kuttners Superpower

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Sarah Kuttner kann sogar schwere Themen wie den Tod ein bisschen leichter machen – und lässt sich dabei auch von keinem Shitstorm aufhalten.

kulturnews: Sarah, vor Jahren hast du mal gesagt, dass du Kinder nicht besonders magst – was einen unglaublichen Shitstorm ausgelöst hat. Ähnliche Reaktionen rief vor zwei Jahren ein Tweet hervor, in dem du dich über Prenzlauer-Berg-Mütter beschwert hast, die ihre Kinder zum Pinkeln an Bäume halten, statt ins Café nebenan zu gehen. Konterst du der fragwürdigen Ideologie der Kritikerinnen mit „Kurt“, indem du dich in dem Roman sehr einfühlsam mit dem Verhältnis einer Patchworkmutter zum Sohn ihres Partners auseinandersetzt?

Sarah Kuttner: Das Buch hat überhaupt nichts damit zu tun. Ich würde auch so wahnsinnig ungern darüber reden, weil es so ungerechtfertigt skandalisiert wurde. Ich habe ja nichts anderes geäußert, als dass ich als Erwachsener mit Kindern nicht so irre viel anfangen kann und selber keine eigenen möchte. Mehr könnte ich dazu jetzt auch nicht sagen. Was das Internet oder entrüstete Frauen und entrüstete Männer dazu gesagt haben, ist im Grunde auch ein bisschen egal, weil das auf etwas obendrauf getürmt wurde, was ich nicht so hoch hätte haben müssen.

Sarah Kuttner 2019
Foto: Foto: Katharina Hinze

kulturnews: Okay, wo kommt die Idee zu „Kurt“ dann her?

Sarah Kuttner: Anfangs hatte ich einfach Lust darauf, die Geschichte von einer Patchworkfamilie zu erzählen: was ist, wenn man mit einem Mann, den man liebt, auch ein Kind mitgeliefert bekommt, das einen grundsätzlich erst mal nicht interessiert oder das man sich zumindest nicht ausgesucht hat. Ich konnte mir vorstellen, dass es da gewisse Spannungen gibt. Man weiß nicht, was man darf und was man nicht darf. Was möchte man überhaupt? Muss man etwas, oder muss man nichts? Das finde ich interessante Fragen, die mir zumindest mit Adoptivhunden oder Hunden von Menschen, die ich gern mag, auch schon mal untergekommen sind. Ich habe dann aber gemerkt, dass mir das als Geschichte nicht reicht und ich mich auch nicht gut genug auskenne – schließlich habe ich kein Patchworkkind. Ich wollte mich dann mehr dem Thema Trauer widmen. Da in den letzten Jahren durch Krebs oder Unfälle vermehrt Menschen in meinem Umfeld gestorben sind, musste ich mich dieser Thematik zwangsläufig stärker stellen. Also habe ich die beiden Themen einfach kombiniert, weil sie auch gut miteinander zu verbinden sind: Wer nicht weiß, wie er ein verhältnismäßig fremdes Kind behandeln soll, der weiß natürlich erst recht nicht, wie man darum trauert.

kulturnews: Du behandelst in deinen Büchern immer schwierige und schwere Themen, denen man sich nicht unbedingt aussetzen möchte. Doch bei dir als Autorin weiß man inzwischen, dass man durchaus wagen kann, sich denen zu stellen. Diese Vermittlung ist deine Superpower, oder?

Sarah Kuttner: Danke, das ist ein schönes Kompliment: Oh, anstrengendes Thema, aber ich bin halbwegs safe, wenn Sarah das gemacht hat. Vielleicht ist das eine Superpower. Ich will Konflikte, weil das Leben einfach voller Konflikte ist, die dauernd scheiße weh tun. Man muss keinen Autounfall haben und beide Beine verlieren, sondern es reichen auch schon die kleinen Konflikte: Liebeskummer, ein kompliziertes Verhältnis zu den Eltern oder Kinder, von denen man nicht weiß, wie man sie finden möchte. Mich interessieren normale Alltagsprobleme und der Umgang damit. Das ist tatsächlich so ein bisschen mein Gebiet. Ich mag es, mich auf meine Art mit ganz normalen Alltagsproblemen auseinanderzusetzen: sehr realistisch und ein bisschen hoffnungsvoll – aber eben nicht so sehr, dass es unrealistisch oder zu süß und zu glücklich wird. Mir gefällt es, wenn es sehr nah am Leben ist, sowohl was die Probleme als auch die Lösungen angeht.

Interview: Carsten Schrader

 

Sarah Kuttner: Kurt

S. Fischer, 2019, 240 S., 20 Euro

 

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