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Glückskind mit Hut

Mit ihrem Debüt „Songs in A-Minor“ landete die New Yorkerin einen Welterfolg – mit 20! Zwei Jahre später will Alicia Keys das toppen. Auch deshalb, weil sie sich weiter massenweise Ohrringe und Hüte kaufen möchte …

Es gibt fünf Dinge, an denen es Alicia Keys wirklich nicht mangelt. Geld, Ruhm, Aner-kennung, Selbstbewusstsein und eine Extraportion Charisma. Denn wer die 22-jährige Tochter eines Flugbegleiters und einer Sängerin erst einmal in Aktion erlebt, verliebt sich zwangsläufig in sie: eine Schönheit mit langen, kunstvoll geflochtenen Haaren, zierlichem Körper, peppigen Klamotten – und einem Grinsen, das ansteckend wirkt.

Alicia Keys ist der Inbegriff von guter Laune, Zufriedenheit und Glück. Und das betont sie auch bei jeder Gelegenheit. „Die letzten zwei Jahren waren ein Traum“, sinniert sie beim Interview im Chambers Hotel und nuckelt an einem Becher mit schwarzem Kaffee. „Ich habe endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die ich mir immer gewünscht habe.“ Genauer: seit ihrem 10. Lebensjahr, als sie mit Gesangs- und Ballettunterricht begann, später eine R&B-Gruppe anführte und dann an einer Solokarriere bastelte.

Doch die funktionierte erst nach endloser Ochsentour, vielen schmerzlichen Erfahrungen und versandeten Hoffnungen. „Als Frau ist es doppelt schwer, sich in der Branche durchzusetzen“, sagt sie, die im Sommer 2001 mit dem Ohrwurm „Fallin“ erstmals von sich reden machte. „Du wirst einfach nicht als autonom und selbstständig akzeptiert. Man versucht, dich zu kontrollieren und zu manipulieren, wo es nur geht.“

Bis ihre Demos auf dem Schreibtisch von Musikmogul Clive Davis landeten. Der erkannte in ihr nicht nur eine innovative Künstlerin, die traditionelle Black Music mit HipHop und R&B verband, sondern auch eine Art Gegenpol zum blutarmen Teen- und Boyband-Treiben der Gegenwart. „Ich will Musik machen, die noch in 20 Jahren gehört wird, die qualitativ hochwertig ist und ihre Spuren auf diesem Planeten hinterlässt“, sagt Ali-cia – so viel zum Thema Selbstbewusstsein. Und von dem zeugt nicht nur ihr aktuelles Album „The Diary of Alicia Keys“ mit seinen harten HipHop-Beats und großen Balladen. Sie plant eine Schauspielkarriere („Ich warte nur auf vernünftige Scripts“), will eine eigene Mode- und Schmuckkollektion starten („große Ohrringe und schrille Designs!“) und unterhält mit Crucial Keys Ltd. bereits ihre eigene Produktionsgesellschaft, die sich um talentierten Nachwuchs kümmert – aber auch um Christina Aguilera.

Der prominenten Kollegin griff sie beim letzten Album als Songwriterin und Produzentin unter die Arme. „Tolle Erfahrung“, lacht Alicia. „Es fällt mir viel leichter, für andere Leute zu schreiben als für mich selbst. Ich brauche immer ewig. Wahrscheinlich, weil ich zu kritisch bin.“ Weshalb sie sich gerade ein geräumiges Studio eingerichtet hat, im Keller ihres neuen Eigenheims im Vorort Queens. Der ist unter alteingesessenen New Yorkern zwar als spießbürgerlich verschrien, doch das stört die stolze Besitzerin wenig.

„Keine Ahnung, ob die Gegend cool ist. Das einzige, was mich interessiert: dass ich auch mal morgens um drei Musik machen kann, ohne dass jemand die Polizei ruft. Die Leute lassen mich in Ruhe – und sie sind stolz, dass ich in ihre Gegend gezogen bin und nicht nach Long Island oder in die Hamptons.“ In die Nobelgegenden würde sie mit ihrer kessen Art, der Vorliebe für flippigen Second-Hand-Chic und schrille Hüte eh nicht passen.

Apropos Hüte: „Ich habe inzwischen weit über 100 Stück“, gesteht sie. „Das ist eine richtige Obsession: Wenn ich irgendwo einen sehe, der mir gefällt, nehme ich ihn mit. Koste er, was er wolle. Ich habe ja Geld! Und als Künstler darf ich meinen Spleen aus-leben.“

Marcel Anders

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