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Goldie: Goldie: das Großmaul ist genial, Madame

Goldie: das Großmaul ist genial, Madame…!

Als Künstler unterliegt man keinen Regeln, als wahrer Künstler jedenfalls. Das ist praktisch. Denn dann kann man drauflosphilosophieren, und dir gegenüber sitzen Wißbegierige und lesen dir jedes Wort von den Lippen ab, denn eines könnte ja den Schlüssel liefern zum Geheimnis der Inspiration, die dich, den Künstler, als güldene Aura umgibt. Im Falle des Musikers Goldie – schwarzer Engländer, genialer Innovator, exzellenter Drum‘n‘Bassler und elender Arroganzling in einer Person – sind es fette „Goldie“-Ringe an den Fingern und eine erstaunliche Fülle von Goldkronen im Mund, die das Glitzern bewirken. Aber was erhellende Worte betrifft, verfährt Goldie alias Clifford Price nach der Regel: Stell keine Fragen und du hörst keine Lügen. Das Mysterium muß Mysterium bleiben, und interpretationsberechtigt ist allenfalls der Meister selbst.

Von seinen Breakdance-Anfängen in den üblen Vierteln Wolverhamptons bis zum überraschend meliodiösen Drum‘n‘Bass seines Zweitlings „Saturnz Return“ (siehe Kritik auf Seite …) zieht sich der immer wieder auszufechtende Kampf gegen Benachteiligung und Armut. Was sollte aus dem Jungen bloß werden? Der Wahrscheinlichkeit nach: nichts. Und genau so war es anfangs. Goldie: „Vor zehn Jahren hätte ich keinen Furz drauf gegeben, Anerkennung zu finden. Aber ich habe mich auch nie hingestellt, um Erfolg zu haben. Ich hatte keine Soziale-Aufsteiger-Phantasien und wollte nicht zur Aristokratie gehören. Die Künstler waren in früheren Jahrhunderten lange genug die Affen der Adligen; sie durften hier mal ein Schloß abmalen und dort mal eine Sinfonie für die jüngste Tochter komponieren.“

Keine Schnörkel, keine Niedlichkeit: Aufs „wahre Leben“ kommt es an, und das an sich heranzulassen, ist hart. „Ich habe nicht versucht, mit der Musik meiner Herkunft zu entkommen. Entkommen kannst du sowieso nicht, und außerdem bin ich stolz darauf, wo ich herkomme“, sagt Goldie. Die Musik ist eben das Größte: „Sie hat die Kraft, einen besseren Menschen aus dir zu machen. Mich führt sie zu neuen Einsichten über mich selbst, über die Gesellschaft, über das Leben.“ Ja, das Leben. Ein Goldie denkt ohnehin nur in Äonen: Das erste Album hieß „Timeless“ und das zweite verweist auf die immerhin dreißig Jahre, die der Saturn für einen Sonnenumlauf braucht. Neue Jahrtausende kommen da gerade recht, um zu zeigen, wo Goldie in den Masterplan der Dinge gehört. Er verlautbart: „Wir leben in einer Zeit, wo Veränderung möglich ist. Die lange Unterdrückten können sich jetzt artikulieren, und dabei spielt Musik eine riesig große Rolle.“

Aber das ist alles schon eine Stufe weiter, seine Arbeit, sagt er, beeinflußt das nicht. „Ich bin Künstler, und ich arbeite für mich. Ein Stück ist dann fertig, wenn ich es für richtig halte. Was das Publikum dann damit macht, hat auf das Kunstwerk keinerlei Einfluß. Es wird so bleiben, wie es erschaffen worden ist.“

Rolf von der Reith

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