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Harmonia

Vor 21 Jahren trafen sich vier Musiker in einem kleinen Studio. Achim Roedelius, Michael Rother und Dieter Moebius, bekannt als Harmonia, hatten Brian Eno zur Session geladen. Sie nahmen alles auf, Eno die Bänder mit und die Band trennte sich. Erst jetzt, im Krautrock-Revival, wurde eine Platte daraus: „Harmonia 76” sagen sie, ist kein Neuanfang. Sie rundet eine Ära ab.

KULTUR!NEWS: Gab es längere Vorüberlegungen, das Material auf Platte zu bringen oder entstand die Idee mit dem derzeitigen Krautrock-Revival?

Achim Roedelius: Es war ein Impuls von mir. Ich hatte Kopien der Aufnahmen und habe immer gedacht, die müssen wir rausbringen. Sie runden die Zeit von Harmonia ab.

Michael Rother: Krautrock ist angesagt, und das ist sicher mit ein Grund für die erstaunlich große Resonanz auf „Harmonia 76„. Es ist natürlich geschickt, es jetzt herauszubringen, doch das ist Zufall.

K!N: Wie erklärt ihr euch das große Interesse an Musik vergangener Tage? Besinnt man sich auf die Electro-Pioniere oder mangelt es an Ideen …

Dieter Moebius: Es fehlt eher an Seele. Die technische Revolution hat uns viele Produkte beschert, deren Existenzberechtignung in Frage steht. Die alten Musiken gelangen bei den Leuten vielleicht eher in den Bauch.

Achim: Offenbar gibt es Musik, die mehr beinhaltet als nur Form, sondern wirkliche menschliche Nähe. Die Musik spiegelt unsere Arbeit daran, Kommune zu leben, was nur eine bestimmte Zeit funktionierte. Das ist ihr wahrer Sinn. Das ist auch in der Can-Musik so, das ist eine sehr warme, sehr schöne Musik, trotz all der Chaoten, die da mitgespielt haben.

K!N: Was bewirkt die Konfrontation mit den alten Aufnahmen in euch und wie erlebt ihr Musik heute?

Michael: Ich glaube, die Auseinandersetzung mit dem alten Material trägt zum Verständnis der Gegenwart bei. Heute haben viele Veröffentlichungen für den Schöpfenden Berechtigung, aber der Allgemeinheit verstellen sie den Horizont, und die technischen Möglichkeiten verhindern oft Individualität.

Achim: Es ist schön, über alles nochmal nachzudenken, da kann man sich selbst relativieren. Arbeiten von heute sind für mich oft inhaltsleer und erschöpfende Klangabenteuer.

Petra Sperling

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