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Hawel/McPhail im Interview: Es ist einfach Rockmusik

Frehn Hawel und Rick McPhail
(Foto: La Pochette Surprise)

Frehn Hawel und RickMcPhail machen Garage nicht en vogue – sie beweisen, dass er das gar nicht nötig hat.

Garagerock im Jahr 2021 zu machen ist keine risikofreie Aktion. Ihr seid euch bestimmt darüber bewusst, dass ihr euch damit für den Vorwurf des hängengebliebenen Boomertums angreifbar macht, oder? Warum also gerade Garage?

Frehn Hawel: Das klingt nach einer geradezu typischen Frage des Post-Everything Zeitalters. Die passende Gegenfrage hierzu muss ja lauten: Warum nicht? Der Vorwurf des Boomertums trifft auf uns schonmal nicht zu, da wir beide Generation X sind. In unserer Jugend hatten weder wir noch MTV ein Problem damit, Musik von Leuten aus der Generation unserer Eltern zu spielen – man nehme beispielsweise Blondie oder David Bowie, deren zeitlose Coolness bis heute niemand in Frage stellen würde. Ob die Musik neu oder alt ist oder wie alt diejenigen sind, die sie machen ist egal, solange sie gut ist.

Genaugenommen müsste man diese Frage ja eigentlich allen stellen, die heutzutage Musik veröffentlichen. Wie viele Teens entdecken gerade Musik aus den 80ern? Dan Auerbach bekommt einen Gitarrenpart von Mark Knopfler eingespielt, und eine der erfolgreichsten Platten in 2020 war „Folklore“: eine Platte von Taylor Swift, die sich auf eine Musikform weit vor Garage bezieht. Und HipHop und Techno gibt es schließlich auch schon seit über vierzig Jahren, und Autotune seit über 22 Jahren. Außerdem ist unser Sound ja keinesfalls Garage by numbers. Er enthält viele Aspekte, die man bei einer Fuzztones/Sixties Coverband niemals finden würde.

Ein Album wie „Transmissions from the upper Room“ verlangt eigentlich förmlich nach Maximalkontakt in schwitzigen Kellerlöchern. Warum habt ihr mit eurem Debüt nicht noch ein Jährchen gewartet?

Hawel: Das stimmt natürlich. Aber dennoch haben alle nach über einem Jahr Stillstand gemerkt, wie wichtig neuer musikalischer Output ist, auf dessen Live-Umsetzung man sich umso mehr freuen kann. Es wäre gelogen, zu sagen, dass wir nicht zumindest darüber nachgedacht hätten, aber Velvet, unser Labelchef, war so enthusiastisch, die Platte möglichst bald rauszubringen, dass wir den Gedanken schnell wieder verworfen haben.

Auf dem Cover zerlasert ihr die Welt. Das hat bestimmt vor allem was mit den Flaming Lips und anderen Coverreferenzen zu tun, aber ist euch wirklich ein bisschen danach, die Welt zu zerstören? Und warum, beziehungsweise warum nicht?

Hawel: Gut gesehen! Der Flaming Lips Verweis ist korrekt beobachtet. Wir wollen die Welt aber keinesfalls zerlasern, sondern mit Strahlen der Liebe erwärmen – deshalb sind sie auch ganz bewusst in Rot gehalten, der Farbe der Liebe. Love is the law, man!

Ihr beide seid nun sehr lange im Musikbusiness. Ich stelle jetzt mal die vermutlich unhaltbare These auf, dass eure Sorte Garagerock eigentlich nur Nachteile davon haben kann, wenn man genau weiß, was man da eigentlich tut. Muss man da erstmal was verlernen, wenn man so eine Platte macht?

Hawel: Im Gegenteil, um unseren Sound hinzubekommen, ist Reduktion alles. Und dafür muss man wissen, welche Noten man eben genau nicht spielt. Ich habe mit meinen Bands Tigerbeat, Neat Neat Neat und den Last Things Platten aufgenommen und dennoch das Gefühl nie ganz abschütteln können, dass der Sound, den ich im Kopf hatte, nicht der war, den man letztlich auf der Platte hören kann.

Rick hat durch seine Studioarbeit und seine Produktionen für seine Bands Glacier und Mint Mind einen irren Erfahrungsschatz in Sachen Sound – und weiß eben auch, wie man hierbei unorthodox zum Ziel gelangt. Dadurch, dass wir uns ewig kennen und unsere musikalischen Vorlieben einschätzen können, mussten wir bei den Aufnahmen gar nicht viel erklären.

Mir scheint, viele der Texte handeln von Enttäuschung und Frustration. Ist das auch ein Grund dafür, warum ihr diese Sorte Musik als Format gewählt habt?

Hawel: Nein, denn die Musik ist immer zuerst da, die Texte schreibe ich immer am Ende, wenn alles steht. Dabei finde ich oft, dass Text und Musik nicht immer eins zu eins Hand in Hand gehen müssen, sondern liebe den Überraschungsmoment der sogenannten „sugar coated bullet“, in der durchaus ernste Themen in einem beschwingten Song verhandelt werden und man beim Zuhören oder Mitsingen erst richtig merkt, um was es eigentlich geht. Dennoch ist es wichtig, dabei nicht den Humor zu verlieren. Grundsätzlich tue ich mich aber tatsächlich schwer mit leichter Kost beim Texten, immerhin leben wir in schwierigen Zeiten.

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