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Heimweh to Hell

AC/DC Power up Pressefoto
(Foto: Josh Cheuse)

Lange sah es so aus, als wären AC/DC Geschichte. Doch als es Gitarrist Angus Young richtig schlecht ging, fasste er den Entschluss, seine Jungs wieder zusammenzutrommeln.

Angus, euer Album heißt „Power up“. Wollt ihr auf eure alten Tage noch mal so richtig einen raushauen und zeigen, wo der Rock’n’Roll-Hammer hängt?

Angus Young: Yeah, das unterschreibe ich. Das war immer das Ziel von AC/DC. Seit jeher wollten wir Musik machen, die eine Menge Energie und eine Menge Leidenschaft versprüht. Wir haben uns immer bemüht, dieses besonderes AC/DC-Feeling einzufangen.

Wie wichtig ist es für dich persönlich, dass AC/DC zu jeder Zeit wie AC/DC klingen?

Young: Das ist ganz entscheidend. Wir haben all diese Jahrzehnte mit unserem AC/DC-Sound verbracht. Als Musiker sind wir mit diesem Sound verschmolzen. Mit allem, was wir tun, wollen wir AC/DC sein und niemand sonst.

Du gibst bei AC/DC den zeitlosen, in echt nun aber auch schon 65-jährigen Rocker in Schuluniform. Wie stehst du dem Älterwerden gegenüber?

Young: Gleichgültig. Ich denke über Alter nicht nach. Das äußere Erscheinungsbild von uns Menschen verändert sich jeden Tag ein kleines bisschen, aber das Innere ist fest und beständig. Es altert nicht. Ich sehe das an mir selbst: Ich habe immer noch größtenteils dieselben Gedanken und Vorlieben wie zu der Zeit, als ich jung war. Ich frage mich auch nie: Wie alt bist du denn eigentlich? Wenn, dann erinnern mich andere Menschen an mein Alter.

Was fällt dir ein, wenn du an den kleinen Angus denkst?

Young: Unser neuer Song „Shot in the Dark“. Du kannst den Text natürlich deuten, wie immer du möchtest, aber ich denke dabei an früher. Wenn mal einer von uns nicht gut drauf oder krank war, wenn wir als Kinder vielleicht eine Erkältung hatten und nicht schlafen konnten, kam unsere Mutter nachts zu uns ans Bett und gab uns was Schönes, Heißes zu trinken, oft mit Honig drin. Eben unseren „Shot in the Dark“.

Nur Honig?

Young: Nun, manchmal krümelte sie auch Medizin rein oder gab etwas Hustensaft dazu – das half uns dann durch die Nacht. Das war unsere Heilung. Für mich ist „Shot in the Dark“ einfach ein prima Songtitel.

Quasi die Rock’n’Roll-Medizin. Funktioniert eure Musik generell so, dass man etwa die neue Platte hört und sich dann besser fühlt? Taugt „Power up“ als Wundermittel gegen Wehwehchen?

Young: (lacht) Voll und ganz. Ich denke, Musik tut immer gut. Ich erinnere mich daran, wie ich in jungen Jahren im Auto gesessen und dort zum ersten Mal einen Song gehört habe, den ich mochte. Dieses Gefühl, diese selige Stimmung wollen wir auch mit unserer Musik bei den Menschen auslösen. Die sollen einen AC/DC-Song hören und sich dabei eine kleine Weltflucht erlauben.

Fährst du eher schnell oder gemächlich?

Young: Ich habe noch nicht einmal einen Führerschein. Ich bin noch nie Auto gefahren. Meine Frau fährt. Ich bringe nur die Musik mit.

Mit AC/DC hast du eine ganze Menge von Menschen davor bewahrt, allzu erwachsen zu werden. Kann man sagen, dass AC/DC den Teenager in uns konservieren?

Young: Wenn ich mit AC/DC spiele, spüre ich immer noch den kleinen Jungen in mir. Mein Bruder Malcolm hat immer gesagt, man entdeckt als Kind, was einen glücklich macht, und wenn es optimal läuft, kann man dieser Leidenschaft sein ganzes Leben lang treu bleiben. So empfinde ich das mit AC/DC. Ich liebe immer noch dieselbe Musik wie als Teenager, ich finde es nach wie vor herrlich, meine eigene Musik zu spielen und mit der Band da oben zu stehen.

Warst du ein glücklicher Jugendlicher?

Young: Ich habe meine Jugend geliebt. Ich war 13, als mein Vater zu mir gesagt hat: Junge, genieße diese Zeit, denn sie ist die beste deines Lebens. Ich habe das damals nicht verstanden, aber im Rückblick hatte er schon recht. In dieser Zeit hattest du keine Verantwortung und keine Sorgen, du wusstest noch nicht, welchen Kummer das Leben für dich reserviert hat. Du lebst einfach, ohne viel zu denken. Wunderbar war das.

Malcolm, mit dem du jahrzehntelang in der Band zusammengespielt hast, ist vor drei Jahren gestorben. Wie viel von deinem Bruder steckt in „Power up“?

Young: Malcolm ist mit sehr vielen seiner Ideen vertreten. Wir haben immer gemeinsam an Gitarrenriffs und Songideen gearbeitet, und viele unserer Entwürfe lagen noch ungenutzt herum. Wir konnten jetzt zwar nicht mehr zusammen an diesen Kompositionen arbeiten, aber ich bin sehr respektvoll mit ihnen umgegangen und habe darauf geachtet, dass sie Malcolm gerecht werden.

Die Situation rund um AC/ DC hat vor einigen Jahren ziemlich bedrohlich ausgesehen. Ihr hattet Schlagzeuger Phil Rudd wegen seiner Drogeneskapaden aus der Band geworfen, Sänger Brian Johnson konnte nicht mehr hören und musste 2016 für die letzten zehn Konzerte durch Axl Rose ersetzt werden. Und dann hat Bassist Cliff Williams nach der Tournee auch noch seinen Rücktritt verkündet. Wann habt ihr eigentlich beschlossen, ein weiteres Album zu machen?

Young: Nach Malcolms Tod im November 2017. Ich habe versucht, mich mit Arbeit von meiner Trauer abzulenken. Irgendwas musste ich einfach tun. Als ich genug Material gesammelt und gesichtet hatte, ging es darum, die anderen zu kontaktieren. Ich wollte erst mal hören, ob sie sich vorstellen konnten, ein weiteres Album zu machen.

Offensichtlich schon.

Young: Allen geht es besser. Cliff ist wieder motiviert, Brians Gehör hat bei der Arbeit im Studio in Vancouver gut gehalten, und Phil hat es geschafft, wieder auf die Beine zu kommen. Alle waren der Meinung, es sei eine gute Idee, wieder loszulegen. Da habe ich entschieden: Packen wir’s an.

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