Henry Rollins
Gerade erst war er unterwegs mit seiner Sprechperformance, jetzt kommt die neue CD seiner Band heraus. „Nice“ heißt sie, und schon ist er wieder unterwegs, erst zum Promoten, dann zum Touren. Die Rollins Band präsentiert Hardcore-Punk mit kleinen Überraschungen. kulturnews traf den eisernen Henry zum Mittagessen.
kulturnews: Henry Rollins: der Mann, der keine Pausen macht. Gibt’s eigentlich auch eine häusliche Kehrseite?
Henry Rollins: Nie lange. Ich liebe es einfach, auf Tounee zu sein. Selbst die Arbeit im Studio macht mich ganz fahrig. Ich beziehe meine Inspiration daraus, unterwegs zu sein, Leute zu treffen. Zu Hause bin ich nur, um es zu verarbeiten, in Kunst umzusetzen. Los Angeles ist für mich ein Ort zum Editieren – und basta.
kulturnews: Du amüsierst dich nur, wenn du arbeitest?
Rollins: Ich sitze nicht gern auf meinem Hintern. Ich tue Dinge gern auf meine Weise, und dafür muss ich sie einfach selber tun. Ich mag die Regeln anderer Leute nicht.
kulturnews: Welche sind deine eigenen?
Rollins: Es gibt keine. Jedenfalls keine starren.
kulturnews: Dabei trittst du manchem auf die Zehen. Zum Beispiel beim Cover der neuen CD: eine nackte Blondine mit Geldscheinen auf wichtigen Teilen.
Rollins: Wenn dich das provoziert, ist das okay. Ich finde es eher komisch, weil der Titel „Nice“ ja nicht gerade perfekt zu unserer Musik passt. Und das Cover passt auch nicht. Wir haben dem Fotografen freie Hand gelassen, und er kam mit der Idee an. Es war echt ulkig, ich wollte das Model nicht mal sehen. „Komm, mach’s, nimm die Kohle und tschüs.“ Fast wie – na ja, du weißt schon … Aber im Ernst, wenn ich provozieren wollte, hätte ich ein Bild von explodierten Kindern genommen. Ich spende übrigens einen Dollar von jeder CD an eine Institution für Waisen. Ich sage das nicht, um mich aufzublasen, aber jeder muss für sich sehen, dass er klar kommt. Mit seiner eigenen Situation und der anderer.
kulturnews: Und wie kommst du mit dem neuen politischen Klima in den USA klar?
Rollins: Ich ärgere mich darüber, dass Politiker sich nicht bewusst sind, welche Konsequenzen ihre Äußerungen haben. Beispiel: der Konflikt mit China – unverantwortlich.
kulturnews: Du bist also ein politischer Mensch.
Rollins: Jeder ist das.
kulturnews: Dafür ist „Nice“ durchaus melodiös und humorvoll, jedenfalls weniger wütend oder bitter als erwartet.
Rollins: Ja, wir hatten natürlich unseren Spass. Als die Background-Sängerinnen einliefen, mir nichts, dir nichts die Musik vom Blatt sangen und – paff! – wieder verschwanden, waren die Jungs und ich ganz schön platt. Aber es passte zu der handwerklichen Art, wie wir arbeiten. Ich hasse Computer-Kram in der Musik, ich will gute Musik straight spielen.
kulturnews: Also nicht unbedingt was Neues erfinden?
Rollins: Wozu? Einen DJ mit einem Saxofon hinstellen? Nein, danke. Wenn’s mir gefällt, die Mädels wie die Temptations klingen zu lassen, dann ist mir das egal, ob’s das schon vorher gab.
Interview: Gabi Sabo