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Herbert

Matthew Herbert hat mit „Bodily Functions“ (Zomba) ein Album veröffentlicht, das seinen typischen House- und Techno Sound nur noch durchschimmern lässt – im Vordergrund stehen jetzt jazzige Songs. Ein Interview mit dem Briten über Veränderungen, den Einfluss seiner Sängerin und Freundin und sein radikales Anti-Sampling-Manifest.

kulturnews: Matthew, „Bodily Functions“ ist ein sehr ruhiges, jazziges Album mit starkem Songcharakter. Was ist passiert?

Matthew Herbert: Für mich war das nach dem letzten Album „Around the House“ eine logische Weiterentwicklung. Als Musiker war Jazz schon immer eine parallele Welt für mich. Irgendwann fühlte ich mich einfach bereit dafür, ein Album zu veröffentlichen, auf dem man elektronische Musikproduktion mit jazzorientierten Songs verbindet. Vorher gab es für Tracks mit Gesang auch einfach keinen Platz; die Plattenfirma wollte sowas nicht veröffentlichen.

kulturnews: Du hast dich also von der Club-Szene verabschiedet.

Herbert: Nein, das würde ich auf keinen Fall sagen, zumal ich immer noch fast jedes Wochenende in irgendeinem Club auflege. Ich mag das: Da muss man sich und seine Musik dem Publikum präsentieren, da ist man an vorderster Front. Die Dummheit der Club-Szene, den Hedonismus, habe ich allerdings sehr satt. So viele Leute benutzen die Clubs, um zu verdrängen, was in der Welt passiert. Und das gefällt mir gar nicht. Die Welt ist am Arsch, und das zu verdängen, ist keine Option.

kulturnews: Deine Freundin Dani Sicilliano ist auf dem Album als Sängerin sehr präsent. Wie groß ist ihr Einfluss?

Herbert: Unsere Ambition ist es, Musik zu machen, die Sachen ausdrückt, an denen uns beiden was liegt. Klar ist das Album auch ein Dokument der Ideen und der Zeit, die wir teilen. Aber die Texte handeln nicht unbedingt von unserer Partnerschaft, sondern reflektieren eher die von Leuten, die uns umgeben. So viele moderne Beziehungen funktionieren heutzutage nicht mehr: Immer mehr Leute lassen sich scheiden, das Verhältnis zum Staat ist gestört, genau wie die Verbindungen zwischen den Menschen in unserer Gesellschaft. Das Album dokumentiert auch das Scheitern dieser Art von Beziehungen.

kulturnews: Dein umstrittenes „Manifest“ verbietet das Samplen und das Imitieren von Instrumenten, also Essentials der Club-, Rap- und House-Philosophie. Warum denn das?

Herbert: Das Manifest ist ein Vertrag, den ich mit mir selbst abgeschlossen habe – um mich zu zwingen, so originell wie möglich zu sein. Wie nie zuvor haben Musiker die Möglichkeit, absolut originell zu sein. Und warum sollte man denn eine Drum-Machine samplen, wenn man die Freiheit hat, seinen völlig eigenen Sound zu kreieren?

Interview: Ulrike Krahnert

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