„Höllgrund“ Thrillerserie mit Lou Strenger und August Wittgenstein
In der ARD-Mediathek startet jetzt die SWR-Thrillerserie „Höllgrund“, die der SWR selber erst Ende Oktober zu Halloween ausstrahlt.
Der Auftritt Heiner Lauterbachs gleich zu Beginn der ersten Folge der Thrillerserie Höllgrund (ab sofort in der ARD-Mediathek, ab dem 30. 10. auf SWR 3) zeigt eine der Schwächen der Serie: Die Nettigkeit Lauterbachs passt nicht in das irgendwie bemüht an die Serie „Twin Peaks“ erinnernde Dorf im Schwarzwald. Denn der Landarzt, den Lauterbach spielt, wird schon nach wenigen Minuten ermordet. Aufgehängt, so dass es auf den ersten Blick aussieht wie Selbstmord. Doch die Dorfpolizistin Tanja (Lou Strenger) hat noch am Abend vorher mit ihm ein Bier getrunken und dabei erfahren, was der noch alles tun will, sobald er endlich den Ruhestand erreicht hat. Der Nachfolger ist auch schon bestimmt, am nächsten Tag soll er ankommen und seinen Dienst antreten.
Und er kommt auch schon wenige Tage später ins Dorf. Der junge Landarzt Fabian (August Wittgenstein) rauscht Tanja zur Begrüßung gleich in die Tempokontrolle, besucht hinterher den Trauergottesdienst in der Kirche und besäuft sich dann beim Leichenschmaus. Im Schwarzwald besäuft man sich nämlich beim Leichenschmaus mit mindestens einer Flasche Schnaps, beschimpft tatverdächtige Tierärzte, die ein Alibi haben, und vögelt dann noch bei drei Promille beiderseits, nachdem man das Treppenhaus vollgekotzt hat. Vielleicht heißt die Serie ja deshalb Höllgrund.
Die hat aber auch ihr Gutes, man will ja nicht immer nur meckern. Die Verlorenheit Tanjas in dieser Dorfgemeinschaft, in der alles, was nicht wirklich dazu gehört, ausgegrenzt wird; diese Verlorenheit Tanjas spielt Lou Strenger wunderbar. Mit ihrer Sturheit gegenüber allen anderen, die im Zweifel mehr vom eigenen Blut haben, als einem lieb ist, macht sie die Heldin sympathisch und Höllengrund besser, auch wenn die Serie das Niveau von „Twin Peaks“ nicht im Ansatz erreicht.
Und noch was zur Ansage der ARD, Höllgrund „sei eine bitterböse Dekonstruktion unserer strahlendsten TV-Helden“: Einen mordenden Landarzt zu bringen, ist keine Dekonstruktion eines Helden. Vielmehr ist diese belanglose Lieblingsvokabel aller Poststrukturalisten eine seit jahrzehnten überstrapazierte leere Worthülse. Sie hat mehr mit Legosteinen in Kinderzimmern zu tun als mit einer künstlerischen Leistung.