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„House of the Dragon“ Staffel 2: Was lief schief?

George R. R. Martin mit einem Textbalken über den Augen auf dem geschrieben steht „Es passiert schon wieder.“
Nachdem sich „Das Lied von Eis und Feuer“-Autor George R. R. Martin zunächst sehr zufrieden von Staffel 1 der Serie „House of the Dragon“ gezeigt hat, stehen jetzt alle Zeichen auf Konflikt.

George R. R. Martin hat „House of the Dragon“ Staffel 2 scharf kritisert. Aber warum eigentlich? Und was bedeutet das Drama um die Serie für „Das Lied von Eis und Feuer“?

Leicht haben es Fans von George R. R. Martins „Das Lied von Eis und Feuer“-Universum nicht. Da ist zum einen der sechste Teil der Buchserie, der mittlerweile seit 13 Jahren fällig ist. Und natürlich das legendär schlechte Ende der Serienfassung „Game of Thrones“, das so universell kritisiert wurde, dass es immer noch Schlagzeilen wert ist, wenn etwa Peter Dinklage, der in der Serie Tyrion Lennister gespielt hat, das Finale verteidigt.

Die Gründe für den Flop sind vielfältig: Die Showproduzenten David Benioff und D.B. Weiss waren es Gerüchten zufolge leid, ewig an der Serie zu arbeiten und haben so ein Angebot des Senders HBO ausgeschlagen, die extrem erfolgreiche Serie mit beliebig vielen Staffeln und einem nahezu unbegrenzten Budget zu Ende zu führen. Das hat dem Publikum ein sehr überstürztes Ende beschert, bei dem keiner der Charaktere so richtig nachvollziehbar gehandelt hat – und die existenzielle Bedrohung der Weißen Wanderer und des Nachtkönigs mit einem Mal besiegt wurden.

Schuld ist aber irgendwo auch George R. R. Martin, Autor der Buchvorlage „Das Lied von Eis und Feuer“. Fans bemerken bei den noch Jahre später anhaltenden Diskussionen um das kontroverse Finale immer wieder den merklichen Qualitätseinbruch, der schon lange vor dem Finale der achten Staffel eingetreten ist – nämlich als der Stoff der Bücher langsam dünn wurde.

Auszug aus dem „Making of“ der späteren Staffeln von „Game of Thrones“. Produzent David Benioff sagt den mittlerweile legendären Satz zur Handlung der Serie „Dany kind of forgot about the Iron Fleet“.
Ein Satz von Autor und Produzent David Benioff aus dem „Making of“ der späten Staffeln von „Game of Thrones“, der zum Sinnbild für die zum Teil bizarre Handlung der Serie geworden ist.

„House of the Dragon“: Dieses Mal alles anders?

Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Fans der West von Westeros große Hoffnung in das Prequel „House of the Dragon“ gesteckt haben. Die Serie, die sich mit der Geschichte des Hauses Targaryen befasst, basiert auf der fiktiven Historie „Feuer und Blut“, die Martin gefühlt geschrieben hat, um seinen Verleger Bantam Books zu beschwichtigen, da Teil 6 des „Lieds von Eis und Feuer“ so lange braucht, obwohl auch der geplante zweite und letzte Teil der Historie noch nicht erschienen ist.

Aber immerhin ist der Verlauf der Handlung mehr oder weniger gesetzt: Der erste Teil der Historie befasst sich nämlich mit den Herrschern des Hauses Targaryen, die am weitesten von der Handlung der Hauptserie entfernt sind. Im zweiten Teil geht es dann an die Könige, die im „Lied von Eis und Feuer“ eine größere Rolle spielen. Und eine erfolgreiche Staffel 1 hat die Hoffnungen der Fangemeinde beflügelt, dass diesmal alles anders werden würde.

„House of the Dragon“ Staffel 1 Poster. Rhaenyra Targaryen mit einem Drachen im Hintergrund.
Beflügelte die Fangemeinde: Staffel 1 der Prequel-Serie „House of the Dragon“.

Staffel 2: Was ist da los?

Die Reaktionen auf die kürzlich beendete zweite Staffel von „House of the Dragon“ fielen da schon deutlich durchwachsener aus. Fans kritisierten das langsame Tempo der Staffel, fehlende Actionszenen, ein übermäßiger Fokus auf das Verhältnis zwischen Rhaenyra Targaryen und Alicent Hightower sowie die Tatsache, dass einfach kaum etwas passierte. Am Ende der zweiten Staffel saß zwar ein anderer König auf dem eisernen Thron, aber viel mehr ist sonst nicht passiert.

Schnell wurde der von „Game of Thrones“ traumatisierten Fangemeinde mulmig. Zumal die Produzenten maßgebliche Änderungen am Originalstoff vorgenommen hatten – wie es auch Benioff und Weiss in den mittleren Staffeln von „Game of Thrones“ getan hatten. Und mitten in dieser angespannten Stimmung nach dem Staffelfinale meldete sich George R. R. Martin selbst zu Wort.

In einem Blogpost, der mittlerweile zwar wieder gelöscht wurde, aber durch die Magie des Internets natürlich immer noch überall zu finden ist, kritisierte Martin die zweite Staffel selbst, obwohl er sich noch zurückhielt. In dem Blogpost gesteht Martin zwar ein, dass die Produzenten einer Serie bei der Adaption einer Vorlage „schwierige Entscheidungen“ zu treffen haben, merkt allerdings auch an, dass Ryan Condal, der für „House of the Dragon“ verantwortlich ist, einige gravierende Fehler in Staffel 2 gemacht hat.

Auszug aus George R. R. Martins Blog. Der mittlerweile berühmte Blogpost mit dem Titel „Beware the Butterflies“.
Auszug aus George R. R. Martins Blog. Der mittlerweile berühmte Blogpost mit dem Titel „Beware the Butterflies“.

Darum kritisiert George R. R. Martin das „Game of Thrones“-Prequel

Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass George R. R. Martin die Entfernung bestimmter Charaktere aus „Game of Thrones“ bis heute missfallen. Allen voran Lady Stoneheart, die (Spoilerwarnung) wiederauferstandene und Rachsüchtige Catelyn Stark, die voraussichtlich einen großen Einfluss auf den Handlungsverlauf vieler Charaktere in den Büchern haben wird, allen voran Jaime Lannister, Brienne und natürlich ihre noch lebenden Kinder, Arya, Sansa, Rickon, Bran und vielleicht sogar Jon Schnee.

Nun ist in „House of the Dragon“ etwas Ähnliches passiert: In einer berüchtigten Szene aus der Buchvorlage wird Helaena Targaryen von zwei Auftragsmördern dazu gezwungen, sich zu entscheiden, welches ihrer Kinder sterben soll: der Kronprinz Jaehaerys, ihre Tochter Jaehaera oder der gerade mal zwei Jahre alte Maelor. Nachdem sie sich dazu überwindet, ihren zweijährigen Sohn zu opfern, erzählen die Auftragsmörder dem kleinen Maelor grinsend, dass seine Mutter ihn hätte sterben lassen – und bringen dann trotzdem den Kronprinzen Jaehaerys um.

In der Serie fehlt Maelor, die Mörder bringen Jaehaerys einfach so um – und das, sagt George Martin, wird gravierende Folgen für den weiteren Verlauf der Serie haben. Denn die Schuldgefühle, die Königin Helaena gegenüber ihren Sohn Maelor fühlt, motivieren wichtige Ereignisse in der Zukunft der Handlung, die nun nicht mehr so passieren können, wie geplant. Entweder müssen die Serienmacher:innen sich dazu entscheiden, die Handlung weiter zu verändern, oder die Handlung passiert weitestgehend so wie geplant – allerdings ohne die gleiche Wirkung zu entfalten.

Der Stammbaum der Targaryens aus „House of the Dragon“ mit den Kindern von Visery I sowie Aegon und Helaena und den fehlenden Familienmitgliedern Maelor und Daeron.
Der Stammbaum der Targaryens aus „House of the Dragon“ mit den Kindern von Visery I sowie Aegon und Helaena und den fehlenden Familienmitgliedern Maelor und Daeron.

George R. R. Martin macht sich Sorgen um die nächsten Staffeln von „House of the Dragon“

Martins Blogbeitrag mag vernichtend erscheinen – und dabei hat der Autor sich bei seiner Kritik noch zurückgehalten. Denn zum Ende hin macht er deutlich, dass er noch von weiteren Entscheidungen der Serienschöpfer:innen weiß, die ähnliche Auswirkungen auf die Handlung haben könnten wie die, Helaenas Sohn Maelor aus der Serie zu streichen.

Der Autor zitiert den sogenannten „Butterfly-Effekt“, die Idee, dass bereits kleine Änderungen große Auswirkungen haben können – und warnt vor „größeren und noch giftigeren“ Schmetterlingen, die in Staffel 3 und Staffel 4 von „House of the Dragon“ auf uns warten, wenn die Serienmacher:innen so weitermachen, wie bislang geplant.

Alles nicht so einfach, also. Noch ein schlechtes Zeichen für Fans der Serie, die Martins Kritikpunkte teilen: HBO-Chef Casey Bloys schoss zuletzt gegen die Kritik, die der Autor angeführt hatte, und stichelte dabei sogar gegen den Autor persönlich. „Ich bin mir nicht sicher, dass die Reaktion der Fangemeinde auf Staffel 2 gespalten war“, sagte Bloys in einem Interview mit dem Onlinemagazin Deadline. „Vielleicht war es nur ein Fan.“

Casey Bloys Pressefoto: Bloys mit blauem Hemd, dunkelblauem Blazer.
Glaubt nicht an Martins Kritik: HBO-Chef Casey Bloys.

Was hat das alles mit „Das Lied von Eis und Feuer“ zu tun?

Es sieht also so aus, als ob HBO und die Serienmacher:innen von „House of the Dragon“ einfach so weitermachen, wie geplant. Und irgendwo gibt ihnen der Erfolg sicherlich recht: Staffel 2 hat zwar gegenüber der ersten Staffel ein bisschen an Zuschauer:innen eingebüßt – lediglich knapp 8 Millionen haben eingeschaltet, verglichen mit den 10 Millionen von Staffel 1 – aber im Verlauf der zweiten Staffel ist die Zuschauer:innenquote bedächtig angestiegen.

Und wie steht es jetzt um „Das Lied von Eis und Feuer“ und George R. R. Martin? Nicht so gut, lässt sich aus dem nun gelöschten Blogbeitrag entnehmen. Denn darin kritisiert der Autor nicht nur Staffel 2 von „House of the Dragon“, sondern deutet auch an, dass der Stress rundum die Produktion der Serie und den anderen Spin-offs von „Game of Thrones“ nicht eben gut für seine mental health gewesen sind.

Zwar zeigt sich Martin optimistisch, was einige der Serien anbelangt, die noch ausstehen, doch es wird deutlich, dass die Zusammenarbeit mit HBO an „House of the Dragon“ für den Autor sehr frustrierend gewesen sein muss. Und das kann nichts Gutes für die langerwartete Fortsetzung der Bücherreihe „Das Lied von Eis und Feuer“ bedeuten. Martin scheint in einem Kreislauf gefangen zu sein. Wir hoffen, dass er da bald herauskommt.

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