„Infiniti“: Fesselnder Thriller zwischen Raumstation und kasachischer Steppe
Die französische Science-Fiction-Mystery-Serie „Infiniti“ auf ZDFneo und in der ZDF-Mediathek beginnt mit einem Totalschaden der ISS im Orbit. Dann gibt es Tote in in der kasachischen Steppe, und die Polizei soll nicht ermitteln.
In der französischen Serie „Infiniti“ (auf ZDFneo und in der ZDF-Mediathek) dauert es gerade mal vier Minuten, bis ein Raumtransporter beim Andocken ganz Arbeit leistet und große Teile der Internationalen Raumstation ISS in Kleinkram zerlegt. Konnten sich die Astronauten in ein intaktes Modul retten? Céline Sallette spielt die Astronautin Anna Zarathi, die eigentlich an Bord der ISS hätte sein sollen und jetzt die Angelegenheit auf der Erde untersucht. Dann wird mit Anthony Kurz ein Besatzungsmitglied der ISS auf der Erde entdeckt: tot, enthauptet. Wie kann das sein, der ist doch in der ISS, zu der kein Funkkontakt mehr besteht?
„Infiniti“ verortet seine Mischung aus Crime, Politthriller, Science Fiction und Schamanentum größtenteils in den weiten Steppen Kasachstans. Action gibt es nur zu Beginn der Serie und dann wieder in den letzten beiden Folgen, die eine spektakuläre Erklärung allen Geschehens ans Tageslicht bringen, die nicht alle Fans des Genres werden akzeptieren wollen. Die Serie geht außerdem davon aus, dass anders als in Wirklichkeit (die ISS wird trotz aller Pläne, sie aufzugeben, noch etliche Jahre weiter benutzt) die vier Länder USA, Russland, Frankreich und China im Jahr der Handlung bereits abbauen. Und nicht nur die Labore im Orbit werden abgebaut, auch das Kosmodrom Baikonur, von wo aus alle Starts zur Station durchgeführt werden und in dessen Nähe die zurückkehrenden Kapseln landen, wird in der Serie schon bald Geschichte sein. Am wenigsten traurig in der Serie sind darüber die Kasachen, ob bei der Polizei arbeitend oder in der Zivilbevölkerung: Russland zahlt zwar viel dafür, dass das Land nach dem Zerfall der Sowjetunion die das Kosmodrom weiter nutzen darf und hat den Vertrag sogar bis 2050 verlängert: Viel Geld kommt von den Zahlungen in Bevölkerung aber nicht an. Baikonur ist eine Enklave der Russen und steht unter der Verwaltung der Raumfahrtbehörde sowie des russischen Militärs, was in der Serie immer wieder zu Spannungen mit der kasachischen Polizei und später zu noch viel mehr führt.
Doch das alles wäre nicht weiter spannend, hätte „Infiniti“ nicht noch viel mehr zu bieten. Da ist zunächst der Polizist Isaak (Daniyar Alshinov), der immer wieder ein bisschen an den jungen Brad Pitt aus Filmen wie „Sieben“ erinnert, erst im Lauf der Serie erfährt man über Rückblenden, was den Mann stur und gegen die Anweisungen seines Chefs immer weiter ermitteln lässt. Überhaupt die Rückblenden, bei Anna Zarathi sind es eher Flasbacks, die in ihrem Kopf aufscheinen und uns dadurch Informationen liefern, damit wir die Handlung verstehen. Auf diese Weise verwebt „Infiniti“ Science Fiction mit Schamanentum und die Bedeutung von Sonneneruptionen mit den Ritualen der kasachischen Landbevölkerung auf eine annehmbare und schlüssige Weise, und das Ergebnis ist neben elegischen Kameraflügen über die kasachische Steppe mal in trockenem Humor geschildertes Aufeinandertreffen von uralter Tradition und moderner Wissenschaft einerseits, mal das thrillerartige Umkippen von ruhiger Naturbetrachtung in Erpressung, Verschwörung und Mord. In den Weiten Kasachstans existiert alles nebeneinander. Was dann aber in en Weiten des beginnenden Weltalls passiert, im Orbit: Das übertrifft alles bisher dagewesene, und diesen Twist werden wohl nicht alle akzeptieren wollen. Regisseur dieser mit schönen Bildern wuchernde Serie ist Thierry Poiraud „Black Spot“. Sie ist nach dem Netflix-Vierteiler „Das Signal“ die Serie „Constellation“ auf Apple TV+ die dritte Serie, in deren Zentrum die Internationale Raumstation ISS steht.