Alles in Unordnung
Die Jazzmusiker*innen Inga Lühning und André Nendza definieren einen ganz und gar eigenen Stil – indem sie Popklassiker gegen den Strich bürsten.
Der Begriff „Hodgepodge“ steht für Durcheinander. Da könnte man Inga Lühning und André Nendza natürlich schlicht als kreative Covercombo verbuchen – allerdings interpretiert das Kölner Duo so innovativ und eigenständig, dass die Verwendung fremden geistigen Eigentums fast ein wenig in den Hintergrund rückt. Was gar nicht so einfach ist bei Song-Ikonen wie „The Ballad of Lucy Jordan“, jener Suizid-Story aus der Feder Shel Silversteins, mit der sich dereinst Marianne Faithfull in die Charts krächzte. Allein dieser Song macht „Hodgepodge Vol. II“ schon zu einem kleinen Meisterwerk – Inga Lühning versucht nicht einen Takt lang, sich hier mit irgendjemandem zu messen. Bassist André Nendza macht sowieso sein eigenes Ding zwischen dicken Saiten und Elektronik: Er drückt jedem Track seinen eigenen Sound auf. Dabei lässt er der Sängerin stets ausreichend Raum, stützt, wo der Flow abzureißen scheint, und fährt in den entscheidenden Momenten zurück, um sich an der nächsten Ecke ein fettes Solo zu genehmigen. Das ist Minimalpopjazz in Reinform, der einfach Spaß macht und nie langweilig wird.
Schwelgerische vocal loops erleben die Zuhörer dagegen in Nendzas Eigenkomposition „Until“ wie auch in Wolfgang Niedeckens Frühwerk „Du kannst zaubern“. Ja, dieser Song funktioniert sonderbarerweise auch völlig ohne proletarischen Kölschdreck auf den Stimmbändern. Verraten wir an dieser Stelle nicht zu viel, vielleicht nur dies: Der Bogen spannt sich von Degenhardt zu Element Of Crime, und dazwischen gibt’s unglaublich viel zu entdecken, das aus Lühnings und Nendzas Köpfen und Herzen stammt. Von diesem Durcheinander kann man einfach nicht genug kriegen, und vermutlich ist „Hodgepodge Vol. III“ auch längst in der Pipeline. Ja? Bitte.
Hodgepodge Vol. II ist gerade erschienen.