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Inger-Maria Mahlke: Wie ihr wollt

Sie ist der Schandfleck der Familie, eine Ausgestoßene, Ungewollte, kleinwüchsig und bucklig, sie nur anzusehen brächte Unglück, heißt es. Und zu allem Überfluss ist Mary Grey eine Gefahr für den englischen Thron im Jahre 1571, denn sie hat königliches Blut. Als Mary dann auch noch unerlaubt heiratet, hat ihre Cousine Königin Elisabeth I. Gründe genug, um sie unter Hausarrest zu stellen. Einige Jahre geht das nun schon, inzwischen sind sowohl ihr Mann als auch ihre Schwestern und ihre Eltern gestorben, einige davon auf dem Schafott. Mary Grey verliert so langsam die Geduld, sie sieht – wenn ihre Dienerin Ellen gnädig genug ist, sie aufs Fensterbrett zu heben – das Leben draußen vorbeiziehen, sie schreibt Briefe und streitet sich mit ihrer Hauswirtin, doch ansonsten passiert: rein gar nichts. Also beginnt Mary Grey, ihre Geschichte aufzuschreiben, so ehrlich wie entschlossen, denn irgendeinen Sinn wird das Ganze doch gehabt haben, oder? Die ganzen Tage bei Hofe, mit all den langweiligen Pflichtbesuchen und den ungeschriebenen Gesetzen. Die erfolglose Schleimerei bei der eigenen Familie, schließlich das Aufbegehren gegen das System. Ist ihre Geschichte nicht eine, die erzählt werden muss? Unbedingt! Und wie Inger-Maria Mahlke dies tut, sucht seinesgleichen. Bitterböse und zugleich voller Liebe zum Detail zeichnet sie ein Panorama der Tudorzeit, das deutlich mehr zu bieten hat als das ewige: SECHS Frauen?! oder So VIELE hingerichtet?! Ein Glanzstück, nicht immer leicht zu lesen, aber mit feinen Nuancen, die es zu entdecken gilt.

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