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„Zwei zu Eins“: Sandra Hüller und die Kindheitserinnerungen in der DDR

Zwei zu eins Kinofilm Sandra Hüller
Sandra Hüller spielt eine der Hauptrollen in der Wendekomödie „Zwei zu eins“. (Foto: X-Verleih AG / Peter Hartwig)

Sandra Hüller hat ein Jahr der großen internationalen Erfolge hinter sich – mit sehr ernsten Stoffen. Da kommt eine DDR-Komödie wie „Zwei zu Eins“ doch zu rechten Zeit, damit der Filmstar mal wieder durchatmen kann, oder?

Frau Hüller, war Ihnen die wahre Geschichte des „Schatzes von Halberstadt“ vor dem Dreh bekannt?
Sandra Hüller: Nein – und ich war darüber sehr amüsiert. Warum wurde das Geld in einem Stollen versteckt und nicht direkt vernichtet? Dachte jemand, es wird vielleicht irgendwann noch mal gebraucht? Und was sagt die Geschichte über unser Geld heute aus? Wird das eines Tages genauso wertlos sein?

Die Geschichte erzählt ja auch von denen, die ein System entwickelten, um das Geld in Ware zu verwandeln. Was sagt das rückblickend über die Währungsunion der Wiedervereinigung aus?
Sandra Hüller: Dass es damals wahnsinnig unfair zuging. Das war mir als Kind natürlich nicht klar. Heute denke ich, wie brutal das eigentlich war.

Mit dem Coup will die Gruppe ja dem Kapitalismus ein Schnippchen schlagen, frei nach dem Motto: Erst das Geld klauen, aber dann teilen. Ist das also quasi ein Experiment, den Sozialismus mit dem Kapitalismus zu vereinen?
Sandra Hüller: Es klingt ja an mehreren Stellen im Film an, dass es kein perfektes System gibt, sondern das immer die Kombination aus vielem ist. Sie wollen das Geld, aber nicht unter den Bedingungen, die ihnen angeboten werden. Es ist also eine Anpassung an das System – mit einem kleinen Schlupfloch.

Was hat Sie an dem Drehbuch von Natja Brunckhorst angesprochen und gereizt, die Rolle anzunehmen?
Hüller: Die Geschichte hat diverse Genres vereint. Da ist etwas Abenteuerliches, etwas Leichtes, etwas Lustiges und eine große Melancholie. Mir kam vieles davon bekannt vor, und ich war erstaunt, dass Natja Brunckhorst das wusste.

Wie war es, durch diesen Film noch einmal in der Zeit in das Jahr 1990 zurückzureisen?
Hüller: Ich fand das toll und auf eine gewisse Art auch heilsam, weil diese Leute für sich so einen schönen Weg gefunden haben, ihre eigene Geschichte zu schreiben und sich so zu ermächtigen. Das fand ich sehr mutig und inspirierend; es ähnelte tatsächlich dem Gefühl, das ich hatte, als ich in der DDR aufgewachsen bin. Natja Brunckhorst hat es geschafft, dieses Gefühl der Nachwendezeit in diese Geschichte zu retten.

Beim Thema DDR sind Sie in der Vergangenheit mit Ihren Äußerungen zurückhaltend gewesen. Warum?
Hüller: Es sind ja meine Kindheitserinnerungen. Das sind ganz andere Erfahrungen als die der Erwachsenen. Sie sind weniger bedrohlich. Das ist alles nicht so eindeutig, wie man es manchmal gerne hätte.

Sind Sie nach dieser unglaublichen Reise der letzten Monate mit den Erfolgen von „The Zone of Interest“ und der Oscar-Nominierung für „Anatomie eines Falls“ vielleicht auch ein bisschen froh, dass der Rummel sich nun etwas legt und Sie sich wieder auf die eigentliche Arbeit konzentrieren können?
Hüller: Es war ja ein Jahr ohne Bühnenarbeit oder Dreharbeiten und stattdessen voller Pressetermine und Werbung, die natürlich auch wichtig sind, für die ich aber nicht ausgebildet worden bin. Deshalb bin ich froh, dass es jetzt erstmal vorbei ist, aber auch glücklich, dass es war, wie es war.

Interview: Joern Christiansen

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