The Jayhawks
„Was ist denn das?“ Wer die neue Jayhawks-Platte hört, glaubt seinen Ohren kaum zu trauen. Dass die Wurzeln dieser Band im Country liegen, hört man „Smile“ kaum noch an. Warum die Jayhawks ihren Kurs gewechselt haben, erklärt Sänger Gary Louris im city.mag-Interview.
city.mag: Wie passt der Albumtitel „Smile“ zu euren traurigen Songs?
Gary Louris: Hinter „Smile“ steckt nicht der Gedanke, dass jeder unbedingt glücklich zu sein hat. Aber ein Lächeln ist nie verkehrt. Es beschwört sofort ein Wir-Gefühl herauf. Das ist gut, weil im Grunde alle Menschen das Gleiche empfinden. Darum sollten wir versuchen, uns gegenseitig zu helfen. Das ist doch eine positive Botschaft, oder?
city.mag: Durchaus. Habt ihr euch deshalb stärker in Richtung Rock und Pop bewegt?
Louris: Obwohl wir immer als Countryrocker gehandelt werden, war ein Pedal Steel nie zwingend für unsere Musik. Ich schäme mich nicht dafür, dass unsere Wurzeln im Country liegen. Aber wir haben nie hundertprozentig in diese Sparte gepasst. Darum haben wir mit „Smile“ einen vielfältigeren Sound kreiert. Die Rock- und Pop-Element kommen heute viel stärker zum Vorschein als früher.
city.mag: Zum Beispiel in dem Song „Broken Harpoon“. Was symbolisiert die zerbrochene Harpune?
Louris: In diesem Stück geht es um das Ausbrechen. So wie Moby Dick sich gegen die Harpunen gewehrt hat, kämpfen manche Menschen um ihre Freiheit. Sie wollen sich um keinen Preis Fesseln anlegen lassen.
city.mag: Spielst du auf Leute an, die ständig auf Reisen sind?
Louris: Ja. Viele „Smile“-Stücke beschreiben rastlose Menschen. Der Protagonist aus „Ohio“ glaubt beispielsweise, seine vielen Reisen würden ihm seine Freiheit garantieren. In Wirklichkeit sehnt er sich aber nach einem geregelten Familienleben. Denn wenn du permanent auf Achse bist, fließt das Leben wie in dem Lied „Life Floats By“ an dir vorbei.
city.mag: Hat auch „Mr. Wilson“ dieses Gefühl?
Louris: Nein. Dieses Stück ist meinem Sohn gewidmet. Er heißt Henry Wilson. Im ersten Vers beschreibe ich die Reinheit eines Kindes. Dann kommen andere Charaktere ins Spiel. Sie sollen aufzeigen, wie sich der Mensch im Laufe der Zeit emotional verändert. Wenn sich jemand erst in Lügen und Intrigen verstrickt hat, verliert er seine Unschuld ganz schnell.
Interview: Dagmar Leischow