Jeff Healey
Starallüren? Liegen nicht in Jeff Healeys Naturell. Der blinde Gitarrist setzt lieber auf britisches Understatement, obwohl er Kanadier ist. Musikalisch gibts sich der Blondschopf dagegen extrovertiert. Für sein neues Album „Get me some“ gilt das Motto: „Let There Be Rock“.
„Ich soll ein Wunderkind sein?“ Jeff Healey zieht unwirsch die Stirn krauss: „Das ist übertrieben.“ Er habe einfach schon als Kind Spaß an der Musik gehabt, basta. Schön und gut. Aber dass ein blinder Junge als Dreijähriger zum ersten Mal Gitarre spielt und mit sechs schon vor Publikum auftritt, ist nicht unbedingt alltäglich. „Ach was. Wenn ein junger Mensch ein bestimmtes Talent hat, fragen sich die Leute immer, wie das möglich ist“, brummelt der introvertierte Kanadier. Lieber erinnert er sich an sein erstes gemeinsames Konzert mit B. B. King. Als 19-Jähriger mit der Legende bei der Expo in Vancouver auf einer Bühne zu stehen, das war’s. „B. B. ist für mich der Gentleman der Musikbranche“, schwärmt der Mittdreißiger. „Obwohl er erfolgreich ist, kennt er keine Arroganz.“
Bescheidenheit ist auch für Jeff Healey eine Zier. Und genau wie sein Idol hat er eine Schwäche für den Blues. Das konnte den Sänger und Gitarristen indes nicht davon abhalten, mit seiner Band nach fünfjähriger Pause richtig los zu rocken. Manchmal allerdings muss es auch eine Ballade sein. „Rachel’s Song“ hat der stolze Daddy seinem Töchterlein gewidmet. Dass eine Zweieinhalbjährige so ein Geschenk gar nicht zu würdigen weiß, schert ihn nicht: „Ich musste mein Glücksgefühl raus lassen. Zum ersten Mal habe ich einen richtig persönlichen Song geschrieben.“
Doch Mr. Healey ist nicht nur ein emotionaler Mensch, er versteht auch Spaß. Fürs Booklet des neuen Albums ließ sich der Musiker in London neben einem Schild mit der Aufschrift „Helft den Blinden“ ablichten. „Das ist meine Art des Humors“, erklärt er mit einem breiten Grinsen. Dass er immer gut lachen hat, verdankt Healey seiner Musik: „Meine Stücke sind für mich der Schlüssel zur Welt.“
Zum Beispiel Coversongs: „Wenn mir ein gutes Lied über den Weg läuft, möchte ich es unbedingt selbst interpretieren“. Besonders spannend war es für ihn, sich Diane Warrens „I Tried“ zu widmen: „Da hatte ich das Gefühl, ein ganz neues Stück zu kreieren.“
Dagmar Leischow