Joachim Lux geht in seine letzte Spielzeit am Thalia Theater
Nach 16 Jahren beginnt für den Intendanten im Sommer seine letzte Saison an der großen Hamburger Bühne. Zeit, um zurück und nach vorne zu blicken.
„Das Ensemble ist der Star!“ So hat Thalia-Theater-Intendant Joachim Lux (67) bei der Pressekonferenz zur Spielzeit 2024/2025 noch einmal den Leitgedanken seiner Arbeit betont. Der nach dieser Saison scheidende Chef hat dieses Motto in den dann 16 Jahren an einer der bedeutendsten Sprechbühnen des Landes unter dem Begriff „Zusammenkunst“ gelebt. Lux erläuterte diesen dezidierten Ensemblegedanken: „Konkret bedeutet dies, dass wir Gäste von außen nur selten zulassen und kein Star-, sondern Ensembletheater machen. Dahinter steht die künstlerische, aber auch die soziale Idee, dass man sich gemeinsam weiterentwickeln kann, im Vertrauens- und Schutzraum Ensemble“. Nach der Spielzeit 2024/25 wird dieser Gedanke unter der neuen Leitung von Sonja Anders, derzeit Intendantin am Schauspiel Hannover, sicher weitergeführt.
Thalia Theater mit Rekordzahlen
Joachim Lux betonte noch einmal den Erfolg seiner Amtszeit, der trotz der harten Coronazeiten mit geschlossenen Theatern und dann Vorstellungen vor sehr beschränkter Zuschauerzahl durchschnittlich 267.000 Besucher pro Spielzeit bedeutete. „Den mancherorts beklagten Rückgang der Zuschauerzahlen kann das Thalia Theater ausdrücklich nicht bestätigen, unser Publikum ist treu und begeisterungsfähig. Es gibt keine andere Schauspielbühne in Deutschland mit derartigen Zuschauerzahlen“, erklärte Lux begeistert.
Lux hob auch das 2010 gegründete, internationale Theaterfestival Lessingtage hervor, das sich fest etabliert hat, und die zahlreichen Gastspiele, die trotz des starken Ensemblegedankens gefeiert werden konnten. Darunter Gastspiele von Robert Wilson mit Isabelle Huppert, Simon McBurney und oder von John Malkovich und Ingeborga Dapkūnaitė.
Von T.C. Boyle zu Tschechow, von Dörte Hansen zu Serebrennikov
In der neuen Spielzeit stehen mindestens elf Premieren auf dem Programm, sieben im großen Haus und vier im Thalia Gauß. Eröffnet wird die Spielzeit am 15. September mit der Uraufführung von T. C. Boyles Roman „Blue Skies“ in der Regie von Jan Bosse. Weitere Höhepunkte sind „Der Apfelgarten“, eine Version von Tschechows „Der Kirschgarten“, den Regisseur Antú Romero Nunes gemeinsam mit Bestsellerautorin Dörte Hansen („Altes Land“) überschreibt. Aus dem vom Abholzen bedrohten „Kirschgarten“ wird ein „Apfelgarten“ im Alten Land. Nicolas Stemann inzeniert „Die Orestie“ nach Aischylos/Sophokles/Euripides, und der russische Regisseur Kirill Serebrennikov kehrt mit „Legende“ ans Thalia zurück, wo er schon verschiedene Stücke inszeniert hat.
„Das Theater und mit ihm das Thalia“, so erklärte Lux, „hat sich in den vergangenen Jahren radikal zu einem Erinnerungsraum aus dem Geist der Zeitgenossenschaft verändert. Von der historisch-hermeneutischen Analyse und Darstellung alter Meister hat sich das Theater vollständig gelöst. Bildungsbürgerlich historisierende Aufführungen – sie sind verschwunden. Und das Publikum ist diesen Weg tatsächlich mitgegangen. Ich habe schon lange keine Debatte über Werktreue mehr geführt.“ Stattdessen sei das Theater zu einem Theater der Gegenwart geworden. Die Stoffe mögen zum Teil alt sein, ihre szenisch Realisierung sei aber ausnahmslos zu einer Einverleibung durch die eigene Zeitgenossenschaft geworden. Der Weg gehe weg vom nachschaffenden Interpretieren und hin zur Eigenkreation und wachsender Autonomie. „Kurz: Das Theater wird selbst zum Autor. In einer sich täglich weiterspinnenden Zeitgenossenschaft ist das Theater so zu einem Teil der Contemporary Arts geworden, eine szenisch bewegliche Galerie der Gegenwart. Das gilt natürlich nicht nur für das Thalia Theater, sondern für das zeitgenössische Theater insgesamt“, schloss Lux.