João Ricardo Pedro: Wohin der Wind uns weht
Die Geschichte seines Autors schreitet der deutschen Übersetzung dieses Romans voran: João Ricardo Pedro arbeitete als Ingenieur, verlor während der Wirtschaftskrise seinen Job und versuchte sich daraufhin an seinem eigentlichen Lebenstraum, der Literatur. Das Ergebnis dieser Mühen wird zu einem von Kritikern in seinem Heimatland hochgelobten und preisgekrönten Überraschungserfolg: Pedro wird dort mit José Samarago und Gabriel García Marquez verglichen.
Nachvollziehbar ist das nur zum Teil, denn dieser Debütroman ist eher unkonventioneller Art. Er handelt zunächst vom Pianisten Duarte, der in einem abgelegenen und vergessenen portugiesischen Dorf aufwächst. In assoziativen Erinnerungsschleifen wird dabei die Vergangenheit des Großvaters und des Vaters, und mit ihnen irgendwie auch die Geschichte Portugals erläutert, was mitunter – zugespitzt auf die großen Fragen um Leben und Sterben, Liebe und Grausamkeit, Einsamkeit und die Suche nach Identität – fast magisch überhöht wirkt.
Ein pathetischer Schicksalsgestus raunt durch diesen Roman, für den Pedro dank seines elliptischen Stils nur gute 200 Seiten benötigt, wo anderen Autoren keine 700 reichen würden. Ungefähr ab der Hälfte gehen ihm dabei leider die erzählerischen Fäden verloren: Lose Episoden über Nebenfiguren häufen sich, das Geschehen wird unübersichtlich und verrätselt sich zunehmend, als habe Pedro Vertrauen, dass der Leser die riesigen Lücken schon schließen wird, die er gegen Ende hinterlässt. Der Roman bleibt so eine Halde aus gelungenen und weniger gelungenen Bruchstücken: Ein überzeugendes Ganzes ergibt sich daraus nicht.