Johnny Marr
Mit The Smiths schrieb Johnny Marr Geschichte. Er war der coolste Inselrocker der 80er und be-ster Gitarrenhexer seiner Generation. Superlati-ven, die ihn in der Folge eher lähmten als beflü-gelten. Doch 16 Jahre nach The Smiths wagt der noch immer kultisch Verehrte die Rückkehr ins Rampenlicht – ohne Morrissey.
kulturnews: Johnny, in den letzten Jahren hast du mit den Pretenders, Talking Heads, Tom Jones, The The, Bryan Ferry oder Oasis gespielt. Eigentlich der Traum eines jeden Musi-kers …
Johnny Marr: Die Erfüllung aller Kindheitsträume! Aber ich habe eben auch ein anderes Leben, und in dem will ich einfach nur ich selbst sein. Gar nicht so leicht. Ich renne jedenfalls nicht den ganzen Tag mit einem selbstgefälligen Grinsen rum, nur weil ich mal mit Tom Jones gespielt habe.
kulturnews: Dann hat dich die Rolle des Sessionmusikers nicht wirklich erfüllt?
Marr: Ich bin dankbar für alles, was ich erlebt habe, aber es bedarf schon eines ziemlichen Egos, um zu glauben, dass all das nur passiert, weil du so unglaublich talentiert bist. Ich habe viele Sachen abgelehnt, die mir angeboten wurden – obwohl sie mir einen Haufen Geld beschert hätten. Ich bin wirklich vor-sichtig mit dem, was ich tue. Aber auch dafür muss man einen Preis bezahlen. Und dieser Preis ist Identität.
kulturnews: Warum hast du dann mit deinem Solo-Album „Boomslang“ so lange gewartet?
Marr: Die Idee kam mir erst beim letzten Electronic-Album, als ich merkte, dass meine Songs wieder rockiger wurden. Und dann habe ich die richtigen Leute gefunden. Etwa Zak Starkey. Wir trafen uns in einem Aufzug in New York, und ich hatte kei-ne Ahnung, wer er ist. Er war einfach ein Typ mit Joggingschu-hen, genau wie ich. Und das war es, was uns verband. Dann ha-be ich ihn gefragt, was er in New York treibe. Er sagte, er wä-re Drummer bei The Who. Da wusste ich, das ich ihn mochte, und wir versprachen, uns bald in Manchester zum Jammen zu treffen. Als wir dann loslegten, fühlte ich mich wieder wie ein Teenager, der sagt: Hey, lass uns eine Band gründen!
kulturnews: Wie gehst du mit der kultischen Verehrung um, die dir wegen deiner Zeit mit den Smiths zuteil wird?
Marr: Ich empfinde es als großes Kompliment. Viele Leute, die mich ansprechen, sind sehr schüchterne und coole Menschen, die Angst haben, meine Privatsphäre zu stören. Aber irgendein Song, den ich geschrieben habe, wurde wahnsinnig wichtig für ihr Leben. Sei es, weil er ihnen durch eine gescheiterte Bezie-hung half oder sie an ihre College-Zeit erinnert. Es gibt auch viele Gitarristen, die sagen: Du bist der Grund, warum ich zu diesem Instrument gegriffen habe. Und diese Leute schämen sich meist wahnsinnig dafür, ihre Gefühle auszudrücken. Aber sie wollen sich einfach bedanken, und dieses Verlangen lässt sie ihre Schüchternheit überwinden. Ein tolles Erlebnis.
kulturnews: Man hat euch über die Jahre Unsummen für eine Reunion geboten. Wie schwer war es, sie auszuschlagen?
Marr: Mein Manager wurde in den frühen 90ern gefragt, ob wir nicht Lust hätten, ein MTV-Unplugged-Konzert zu spielen. Dafür hat man uns eine hübsche Stange Geld geboten. Morrissey meint zwar, dass es solche Angebote nie gegeben hätte, aber vielleicht ist er nur nicht ans Telefon gegangen. Ich habe übri-gens erst vor ein paar Tagen mit meiner japanischen Konzertagentur gesprochen, und sie meinten tatsächlich, dass sie mehr Interesse an den Healers hätten als an einer Smiths-Reunion. So was baut auf.
kulturnews: Andererseits hat man dir gleich beim ersten Gig der Healers deine Lieblingsgitarre gestohlen.
Marr: Ja, das war meine Cherry Red Gibson SG. Jemand aus dem Publikum ist nach der Zugabe auf die Bühne gekommen, hat sie sich gegriffen und ist damit einfach zur Vordertür rausmarschiert – unglaublich. Es muss jemand gewesen sein, der sich dadurch mit mir identifizieren will. Aber einem Musi-ker das Instrument zu klauen – das ist unterste Schublade.
Interview: Marcel Anders
kn präsentiert
Johnny Marr & The Healers
14. 3. Prime Club, Köln
15. 3. Schlachthof, Hamburg
16. 3. Maria am Spreeufer, Berlin
18. 3. Muffathalle, München