Joshua Groß / Philippe Gerlach: Magische Rosinen
25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer soll in Thüringen ein Politiker der Partei „Die Linke“ zum Ministerpräsidenten ausgerufen werden, und die Kanzlerin warnt bereits vor der Rückkehr von Karl Marx in die Staatskanzlei. Was die echte Sahra Wagenknecht dazu zu sagen hat, ist nicht weiter bekannt – die Wagenknecht aus der Novelle von Joshua Groß würde jedoch allenfalls mit den Schultern zucken.
Bei ihr haben sich die Koordinaten der Weltrevolution schon lange verschoben: Alle Ideologien sind weitestgehend über den Haufen geworfen, und das ambitionslose Geplänkel des deutschen Politikbetriebs gibt keinen Anlass zur Hoffnung mehr. Also schickt sie ihren neuen Liebhaber, die Rap-Hoffnung Mascarpone, nach New York, um dort die ominösen Magischen Rosinen ausfindig zu machen, die vielleicht von hippiesken Außerirdischen eingeschmuggelte Drogen sind, vielleicht aber auch etwas ganz und gar anderes. Eine moderat benebelte Odyssee nimmt ihren Anfang, in der abgewrackte Surfmusiker, skrupellose Bösewichte mit verwachsenen Wattestäbchen im Ohr und unbarmherziger Treibsand eine nicht unwesentliche Rolle spielen … „
Würde man die Welt verfilmen, wäre sie ein B-Movie.“ Dieser Satz stammt vom amerikanischen Regisseur Monte Hellmann, und er könnte auch das Credo von Joshua Groß beim Schreiben dieses schmalen Buches gewesen sein: In „Magische Rosinen“ sind die Farben grell, die Actionszenen rasant und der Sex explizit. Die Novelle zischelt psychedelisch, und von der Promenade winkt gar nicht mal so unerkannt Thomas Pynchon herüber. Der stramme Marxist wird über diesen Surfploitation-Western wohl ebenso die Nase rümpfen wie der handelsübliche deutsche Feuilletonist. Was sie dabei übersehen: Ohne die notwendige Lässigkeit sind keine Veränderungen zu erzielen. Joshua Groß hat das längst kapiert. (mwe)