Jürgen Vogel
Wenn es einen sympathischen Loser darzustellen gibt, kann man sich auf einen verlassen: Jürgen Vogel. In Romuald Karmakars sarkastischem Touristen-Drama „Manila“ (seit 29. 6. im Kino) gibt Vogel einen der rebellierenden Passagiere, die auf ihren ersehnten Rückflug nach Deutschland warten.
city.mag: Herr Vogel, ist es nicht übertrieben, was die Passagiere in „Manila“ an Gruppendynamik freisetzen?
Jürgen Vogel: Wenn Leute am Flughafen fest sitzen, was an sich ja nicht so schlimm ist, musst du mal erleben, was da für Kräfte frei werden; die habenTermine zu Hause, die Familie wartet, sie haben keinen Babysitter mehr … Da befindet man sich im Krieg. Die Leute empfinden sich in dem Moment als Gefangene der Airline; sie empfinden das gar nicht als luxuriös.
city.mag: Brutalität im Reiseverkehr nehmen zu, das hört man ja immer wieder. Aber wie kommt das?
Vogel: Die Leute denken, dass sie den Standard, den sie zu Hause erreicht haben, auch im Ausland hinterher getragen kriegen. Aber selbst wenn sie einen schweineteuren Urlaub gebucht haben, kann es immer sein, dass da gar nix passiert – du landest auf der falschen Insel, das Essen ist mies … Dabei soll doch möglichst alles so sein wie zu Hause. Man erwartet einfach, dass alles deutsch ist. Die Leute sind nun einmal unflexibel und uncool – und in Notsituationen überfordert.
city.mag: Sind die Deutschen ein Volk von Service-Geiern?
Vogel: Nein, es ist so: Wenn du als Airline einen Flug 2500 Mark kosten lässt, dann versprichst du mit deiner Werbung und mit dem Preis, dass alles perfekt läuft. Je teurer es wird, desto höher die Erwartungen. Der normale Neckermann-Urlauber bezahlt heute doch Preise, wo man sich fragt: Wie machen die das? Nehmen die einen Kredit für ihren Urlaub auf oder was? Aber Standard und Service sind immer weiter runtergegangen – daher kommt diese Spannung auf.
city.mag: Sprechen Sie da auch aus eigener Erfahrung?
Vogel: Das ist doch jedem schon mal so gegangen. Du mietest auf Mallorca ’n Haus, siehst schöne Fotos, prima original Bauernbetten – und dann schläfst du am Ende auf Knastpritschen. Da sagst du auch erst mal: Was ist denn hier los?
Interview: Rolf von der Reith