Kester Grant: Der Hof der Wunder
In ihrem Debütroman „Der Hof der Wunder“ lässt Autorin Kester Grant verfeindete Gilden aufeinandertreffen – und platziert ihre Protagonisten inmitten eines politischen Umbruchs.
Man denke zurück an den Geschichtsunterricht: Da gab es die Französische Revolution, die das absolutistische Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts in eine für damalige Verhältnisse moderne Republik überführte. Die Vorherrschaft der Monarchie wurde gebrochen, und an die Stelle des Königs trat, zumindest für kurze Zeit, eine von der Bevölkerung gewählte Regierung. So viel zu den historischen Fakten, denn in ihrem Debütroman „Der Hof der Wunder“ schlägt die Autorin Kester Grant eine ganz andere Richtung ein. Anders als im wirklichen 18. Jahrhundert ist die Revolution in ihrem alternativen Paris nämlich gescheitert, und die Stadt wird – wir schreiben das Jahr 1828 – von skrupellosen Aristokraten und verbrecherischen Gilden regiert.
Verfeindete Gilden treffen aufeinander
Mitten in diesem politischen Durcheinander sucht Nina, Angehörige der Diebesgilde, nach ihrer Schwester Azelma. Die wiederum hat Kaplan, der Oberste der „Gilde des Fleisches“ – es handelt sich um Menschenhandel und Prosititution – an sich gerissen. Während Ninas Gilde vor einer Auseinandersetzung mit dem mächtigen Kaplan zurückschreckt, schließt sich die Waise Ettie ihren Befreiungsplänen an. Doch eine Hungersnot und das Aufkommen neuer revolutionärer Ideen erschweren die Vorhaben der beiden. Und so beschließen sie, sich in die verfeindete Gilde einzuschleichen und beim großen Zusammentreffen der Gilden, dem legendären Hof der Wunder, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Als Kaplan den beiden auf die Schliche kommt, rückt ihr Ziel jedoch in weite Ferne – und Paris droht erneut im Chaos zu versinken.
Grants Sprache erweckt das Paris des 19. Jahrhunderts zum Leben
Kester Grant gelingt es, in ihren Erzählungen Fiktives und Historisches auf wundersame Weise zu vereinen. Indem sie ihre spekulative Geschichte mit historisch denkbaren Entwicklungen vermengt, schafft sie es, ihre Leser nicht nur zu einem „Was wäre wenn?“ anzuregen, sondern sich tief in die alternative Historie hineinzufühlen. Gerade letzteres ist nicht zuletzt ihrer ausgewogenen und feinfühligen Sprache geschuldet: Die Beschreibungen des Schauplatzes nehmen durch die Sprache Grants ein faszinierendes Eigenleben an, das ihr Paris als einen Ort der Flaneure und Romantiker, der Diebe und Verbrecher zum Leben erweckt.
„Der Hof der Wunder“ ist Grants erster Roman
Die Autorin Kester Grant wurde 1984 in London geboren und wuchs in England, dem Kongo und auf Mauritius auf. Ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte sie schon im Alter von sechs Jahren, als sie sich selbst Geschichten erzählte. Mit „Der Hof der Wunder“ legt die Autorin ein beeindruckendes Debüt vor, das in der Version des Piper Verlags weltweit als erstes, noch vor dem Originalverlag, veröffentlicht werden darf. Noch vor Erscheinen des Romans befindet sich die Autorin bereits in Verhandlungen über eine Verfilmung des Buches.
Kester Grant Der Hof der Wunder
416 Seiten, 14, 99€
Piper, 2. 12. 2019
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