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Ketama im Interview

Aus alt mach neu. Ketama sind Vertreter des Nuevo Flamenco. Als Erneuerer der andalusischen Zigeunermusik injizieren die Spanier dem traditionellen Flamenco Frischzellen südamerikanischer und afro-kubanischer Herkunft. Heraus kommt eine kraftstrotzende Mischung aus vielschichtiger Rhythmik, virtuoser Gitarrenkunst, Jazzfunk-Bläsersätzen und den Flamencotugenden des Gesanges. Ketamas aktuelles Album „Konfusión“ (Motor) avancierte in Spanien zum besten nationalen Album 1997, die Bandmitglieder wurden zu Superstars. Wir sprachen mit den Carmona-Brüder Juan und Antonio sowie deren Cousin José Miguel Carmona, die hinter dem Namen Ketama stecken.

K!N: Ketama ist auch ein Synonym für Haschisch. Wolltet ihr mit dem Bandnamen provozieren?

Antonio Carmora: Nein, in erster Linie ist Ketama der Name eines wunderschönen Berges in Nordafrika mit einer hochinteressanten Kultur. Und an der dortigen Vegetation gibt es auch nichts auszusetzen, schließlich handelt es sich ja auch um keine tötliche Droge.

K!N: Konfusión, also Verwirrung – bezieht sich das auf euren Seelenzustand?

Antonio Carmona: Das nicht. Der Titel nimmt einerseits bezug auf die Zeiten, in denen wir heute leben, mit Hunger, Kriegen und so weiter. Läßt man andererseits bei dem Wort Konfusión die Vorsilbe weg, bedeutet es die Verschmelzung, was für unseren spielerischen Umgang mit verschiedenen Musikstilen steht, die wir in den Flamenco einbringen.

K!N: Puristen werfen euch vor, den wahren Flamenco durch andere Musikstile zu verwässern.

Juan Carmona: Wir sind selbst Flamenco-Puristen, aber wir öffnen uns auch anderer Musik…

José Miguel Carmona: Über den Flamenco nähern wir uns dem Jazz und lernen aus den anderen Musikwelten, die wir mögen.

K!N: Warum eine Band als Familienunternehmen?

Juan Carmona: Die Carmonas sind eine Familiendynastie in Spanien, die auf eine lange Flamencotradition auf hohem Niveau zurückblicken kann. Unsere Vorfahren machten schon innerhalb der Familie Musik, und wir setzen den Brauch fort.

K!N: Ist es problematisch, wenn die Band aus Familienmitgliedern besteht?

Antonio Carmona: Ja und Nein. Wir haben eine sehr starke Bindung zur Familie, die wir auch nicht verlieren wollen. Der Zusammenhalt der Familie hat in jeder Hinsicht Priorität vor den Belangen von Ketama.

K!N: Wie verträgt sich das mit dem Musikerdasein?

Juan Carmona: Es ist ein ständiger Konflikt. In einer Musikerfamilie aufzuwachsen hat natürlich den Vorteil, daß man von klein auf lernt, die Musik zu leben und zu lieben. Andererseits ist fast vorprogrammiert, daß man selbst Musiker wird und durch das viele Reisen die eigene Familie vernachlässigt.

K!N: Was muß anders werden?

José Miguel Carmona: Ich würde es gern sehen, wenn es unter uns Zigeunern weniger Musiker und mehr Anwälte gäbe.

Interview: Wolfgang Drewes

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