Zum Inhalt springen

So was von da

Feiern als Form des Widerstands? Jakob Lass' Romanverfilmung „So was von da“ sieht den Klub als letzten gesellschaftlichen Freiraum – in einer Zeit, wo die Politik immer mehr Freiräume einebnet.

Jakob Lass hat mit seinem Kino der Improvisation schon den Max-Ophüls-Preis gewonnen und war für den Deutsche Filmpreis nominiert. Nun hat der 37-Jährige Münchner sich Timo Hanekamps Musikroman „So was von da“ vorgenommen. Und übt massive Kritik am politischen Umgang mit der Subkultur.

Jakob, gibt es Literaturverfilmungen, die Sie bei der Adaption von „So was von da“ inspiriert haben?
Jakob Lass: Eine sehr gute Frage, bei der ich wohl leider passen muss. Ich habe den Roman „Einer flog über das Kuckucksnest“ nicht gelesen, weiß aber, dass die sich bei der Verfilmung sehr viele Freiheiten genommen haben. Das ist einer der großartigsten Filme überhaupt, mit dem ich mich gar nicht zu vergleichen wage.
Weil es um Romanverfilmungen so schlecht steht, war es also notwendig, dass Sie sich als vermutlich erster Filmemacher einer Buchvorlage über Improvisation näherten und so den Spirit der Vorlage einfingen, statt ihr Wort für Wort gerecht werden zu wollen?
Jakob Lass: Das Tolle an einem Roman ist ja gerade, dass man sich da selber reinbegeben und abtauchen kann, sodass die eigenen Erfahrungen dann Bilder im Kopf entstehen lassen, während ein Film dich in einen Bilderbann zieht. Deshalb habe ich auch versucht, nicht allzu sehr auf die Details des Romans einzugehen. Ich finde, jetzt ist es so, dass du noch locker den Roman lesen kannst, auch wenn du den Film vorher gesehen hast. Und auch andersrum. Buch und Film gehören zusammen, aber es sind trotzdem zwei für sich stehende Werke.

 

 

Jakob Lass Porträt Foto: Foto: DCM / Gordon Timpen

 

Um von der letzten Nacht eines Hamburger Clubs zu erzählen, haben Sie sogar einen Pop-up-Club eröffnet und zusätzlich zum Dreh öffentliche Partys veranstaltet. Doch vor allem ist es der experimentelle Schnitt, der den Film von den üblichen, oft aufgesetzt wirkenden Partybildern im Kino absetzt.
Jakob Lass: „So was von da“ seine Kraft im Schnitt und seine Form im Sounddesign gefunden. Deswegen sollte man ihn auch unbedingt im Kino sehen. Ich habe mich so freudig auf dieses Projekt gestürzt, weil durch die Darstellung der Rauschzustände so viel möglich war. Ich konnte mich filmisch austoben, da ja mehr oder weniger alles erlaubt war. Trotzdem bleibt man auch an der Figur dran, da ich dabei immer versucht habe, Oskars Wahrnehmung zu erzählen. Mir macht es einfach Spaß, auf so viele Mittel zurückgreifen zu können und eine breite Werkzeugpalette zu verwenden.
War auch Wehmut im Spiel, weil der Film ja die Klubkultur der Nachwendezeit porträtiert, diese Freiräume mittlerweile aber fast gänzlich verschwunden sind, und die Partyszene heute eigentlich nur noch kommerziell ausgerichtet ist?
Jakob Lass: Eigentlich bin ich ja ein hoffnungsvoller Mensch, aber ich finde, dass das speziell in Hamburg schon System hat. „So was von da“ spielt ja auch nicht zufällig in dieser Stadt.
Aber selbst in Berlin ist die Situation mittlerweile doch auch nicht viel besser.
Jakob Lass: In Berlin hat man das Gefühl, dass reiche Leute einfach Immobilien aufkaufen, Mietpreise in die Höhe treiben und dann die Leute rausschmeißen. Die wollen einfach mehr verdienen. Aber Gier ist noch kein System. In Hamburg habe ich das Gefühl, dass man eine andere Stadt mit anderen Werten will. An sich hat Hamburg ja eine sehr linke Tradition und die wird einfach systematisch ausgetrieben. Andere Werte wie Sicherheit und Ordnung sind da jetzt einfach dominanter. Hamburg will sauber sein.
Irgendwann werden auch in Berlin die Orte verschwunden sein, auf die eine Subkultur ausweichen kann.
Jakob Lass: Eigentlich sollte die Frage auch viel eher sein, ob man es nicht auch anders machen könnte und Freiräume sogar fördert.
Da wäre die Politik gefordert – und darauf sollte man vielleicht wirklich nicht hoffen.
Jakob Lass: Das wird wahrscheinlich nie passieren, weil ein großer Teil der Wählerschaft nicht daran interessiert ist, Kultur zu stiften. Die wollen halt lieber Ruhe und Ordnung. Sonst gäbe es ja auch nicht so viele konservative Parteien.

Interview: Carsten Schrader

 

So was von da – Kritik

Oscar Wrobel (Niklas Bruhn) betreibt einen Musikclub am Ende der Hamburger Reeperbahn. Doch die Party ist vorbei, zum Jahreswechsel muss er den Club schließen, und die letzte exzessive Feier in der Silvesternacht setzt Oscar mächtig zu: Nicht nur, dass Kiez-Kalle (Kalle Schwensen) sein Geld zurück will, beim Abschiedskonzert des vom Ruhm geplagten Musikers Rocky (Mathias Bloech) plötzlich auch die Hamburger Innensenatorin (Corinna Harfouch) im Laden steht und seine beste Freundin Nina (Martina Schöne-Radunski) ihm in dieser Nacht von ihrer Krebserkrankung erzählt – auch Oskars große Liebe Mathilda (Tinka Fürst) hat sich angekündigt. Nachdem Regisseur Jakob Lass bereits bei „Love Steaks“ und „Tiger Girl“ mit einem sehr reduzierten Drehbuch ohne Dialoge gearbeitet hat, legt er mit seiner Adaption von Tino Hanekamps „So was von da“ die erste improvisierte Romanverfilmung vor. Mit Split Screen und experimentellen Schnittfolgen inszeniert Lass einen Bilderrausch, der die Freundschaft feiert – und den Club als gesellschaftlichen Freiraum definiert. cs

Alle Kinovorstellungen und Spielzeiten in Ihrer Stadt von „So was von da“ gibt es auf daskinoprogramm.de.

Beitrag teilen: