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Körber Studio Junge Regie

Koerber Studio Junge Regie 2016
(Foto:Körber-Stiftung / Krafft Angerer)

Das Körber Studio Junge Regie versammelte die Crème des Theaternachwuchses.

Am Sonntag endete das Körber Studio Junge Regie, das wichtigste deutschprachige Festival für den Theaternachwuchs – die deutschsprachigen Regieschulen und ein internationaler Gast zeigten am Hamburger Thalia in der Gaußstraße ihr Können. Den ersten Platz machte „Die Unerhörte“ von Anna-ELisabeth Frick (Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg, Ludwigsburg, Foto).

Interview mit Stephanie Lubbe von der Körber Stiftung

Stephanie Lubbe, in den Vorjahren nahm ich vom Körber Studio Junge Regie immer das Gefühl mit, dass die gezeigten Ästhetiken extrem heterogen sind. Gibt es keine gemeinsame Theatersprache mehr?
Stephanie Lubbe: Die große Bandbreite ist Programm. In den letzten Jahren hat das Theater eine immer vielfältigere Formensprache entwickelt – an den Regieschulen zeigt sich diese Entwicklung noch deutlicher. Die teilnehmenden Institute haben ganz unterschiedliche Ausrichtungen, und entsprechend verschieden sind die künstlerischen Ansätze.

Was können die Stadttheater vom Körber Studio lernen?
Lubbe: Das Festival zeigt, wie die zukünftige Theatergeneration arbeiten will, und welche gesellschaftlichen Themen und neuen Theaterästhetiken sie interessiert. So waren kollektive Arbeitsstrukturen in den letzten Jahren ein großes Thema beim Körber Studio Junge Regie und halten jetzt in den Stadt- und Staatstheatern Einzug. Auch Grenzberührungen und -überschreitungen zur Bildenden Kunst, zur Installation und zur Performance begreift eine junge Regiegeneration als etwas Selbstverständliches. Sie spielt damit und entwickelt sie weiter.

Seit 2013 werden zum Festivalende regelmäßig Produktionen ausgezeichnet, die ihre Qualitäten haben, im Stadttheateralltag aber nicht mehrheitsfähig sein dürften. Entwickelt sich eine Zweiklassengesellschaft: preiswürdige Avantgardeproduktionen hier, Konvention dort?
Lubbe: Eine Zweiklassengesellschaft würde ich weniger sehen, eher ein Interesse der Stadt- und Staatstheater – aus der die Jury zu weiten Teilen stammt – an diesen neuen Formen, was man übrigens auch in den Spielplänen sieht, die sich immer mehr öffnen. Übrigens formuliert die Jury immer wieder mal den Wunsch an die Studierenden, sich auf die Kraft eines literarischen Textes und auf die Schauspieler zu besinnen. Gleichzeitig ist das Festival auch der Moment, sich auszuprobieren und unabhängig von Konventionen künstlerisch zu arbeiten.

Ich nahm das Körber Studio Junge Regie eigentlich nie nur als Festival wahr, sondern als Möglichkeit, einander kennenzulernen, Netzwerke zu bilden, nicht zuletzt auch als Party. Durch den Preis werden die Künstler, die gerade noch fröhlich netzwerkten, aber am Ende zu Konkurrenten …
Lubbe: Natürlich bringt der Preis die Konkurrenz ins Spiel, andererseits formuliert er auch einen Qualitätsanspruch. Der Preis bringt Aufmerksamkeit – durch die Festivaljury, die öffentliche Jurysitzung und die Presse. Das kommt nicht nur der Gewinnerproduktion zugute, sondern allen Teilnehmenden, neben den Regiestudierenden auch den Schauspielern und Schauspielerinnen. Und das Preisgeld ist eine sinnvolle Starthilfe in den Beruf. Das Festival steht am Übergang zwischen Studium und Beruf, da beginnt nun mal die Konkurrenz. Ebenso wichtig ist uns die Möglichkeit zum Austausch und zur Vernetzung. Die Regisseurinnen und Dozenten reisen deshalb nicht nur zu den Gastspielen, sie bleiben übers ganze Festival vor Ort und diskutieren in täglichen internen Runden über die Arbeiten.

Gibt es eine Tendenz zum Karrierismus, zur Bravheit, vielleicht auch zur Visionslosigkeit bei den jungen Theatermachern?
Wir sehen eine große Experimentierfreude und immer wieder Künstler, die ihren ganz eigenen Weg gehen. Trotzdem ist es bei immer prekärer werdenden Berufsaussichten schwer, bei sich zu bleiben und nicht dem Druck nachzugeben, schon zu Beginn des Berufslebens eine eigene, marktgängige Handschrift präsentieren zu müssen.

Mal ehrlich, wenn an einem Tag drei Stücke in Folge gezeigt werden, dann können die doch so kurz sein wie man will – beim dritten Stück kann man doch nicht mehr konzentriert zuschauen, oder?
Das ist diese typische Festivalüberforderung, die gewollt ist und von vielen als bereichernd empfunden wird. Zwischen den Vorstellungen kommt man mit anderen ins Gespräch und genießt die schöne Atmosphäre auf dem Festivalgelände. Für die vielen Theaterleute, die aus ganz Deutschland zum Festival reisen, um neue Talente zu entdecken, ist es natürlich attraktiv, so viele Produktionen in kurzer Zeit sehen zu können.

Interview: Falk Schreiber

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