So war das Musikjahr 2025: Highlights und Enttäuschungen
Die kulturnews-Musikredaktion hat die Köpfe zusammengesteckt und die besten Alben und Songs sowie die größten Enttäuschungen von Januar bis Dezember 2025 zusammengestellt. Viel Spaß!
Januar
Album des Monats: „Debí tirar más fotos“ von Bad Bunny

Bad Bunny war 2025 der weltweit meistgestreamte Musiker. Oft sind Qualität und Quantität im Streamingzeitalter nicht immer deckungsgleich. Bei Bad Bunny stimmt aber beides. „Debí tirar más fotos“ in eine Hommage an den Sound seiner Heimat Puerto Rico und gleichzeitig ein Aufschrei ob der politischen Ungleichheit im Urlaubs- und Steuerparadies vorwiegend weißer Menschen. So spielte der Latin-Popstar 2025 eine 30-tägige, kostengünstige Konzertreihe im Außengebiet der USA, bei der US-Amerikaner:innen explizit nicht erwünscht waren. Eine Antwort auf die radikal-rassistische Abschiebepolitik von ICE und Trump.
Enttäuschung des Monats: „Balloonerism“ von Mac Miller
Ein bisschen pietätlos mag es sein, allerdings war das posthume Mac-Miller-Album dieses Jahres dann doch eine kleine Enttäuschung. Hatten Fans viele Songs von „Balloonerism“ ohnehin schon in den Untiefen des Internets aufspüren können, wollte am Ende das auf knapp eine Stunde aufgeblasenen Album nicht so richtig Fahrt aufnehmen. Dass der Ausnahmerapper auch die ruhige Klaviatur perfekt bespielen kann, wissen wir alle spätestens seit „Circles“. Diesmal ist es einfach Meckern auf sehr hohem Niveau. Selbst schuld, wenn man stets so ein fantastischer Rapper gewesen ist.
Song des Monats: „Funny Papers“ von Mac Miller
Zur Ehrenrettung, muss hier wenigstens ein Song genannt werden, der aus „Balloonerism“ heraussticht: „Funny Papers“. Blickt Miller in dem Song doch mit fast hellseherischer Genauigkeit in die Zukunft und auf seinen eigenen Tod. „Yeah, somebody died today, I saw his picture in the funny papers/Didn’t think anybody died on a Friday“, steigt er gewohnt lakonisch ein. Mac Miller starb am September 7, 2018. Es war ein Freitag. Den Song hier anhören.
Februar
Album des Monats: „SAYA“ von Saya Gray

Als Saya Gray mit Ende 20 dieses Album – das ihr erstes oder zweites ist, je nachdem, ob man „19 Masters“ von 2022 als Album oder nur als Mixtape zählt – veröffentlicht hat, war sie schon seit einem Jahrzehnt Musikerin: Tourbassistin für Daniel Caesar, in den Bands von Liam Payne und Willow Smith, davor Jahre in den Jazzklubs und Kirchen von Toronto unterwegs. Man hört, dass sie sich Zeit genommen hat: Bei „SAYA“ sitzt jede Note, jedes noch so kleine Detail. Dabei ist die Platte im Kern ein tieftrauriges Break-up-Album, mit Songs, die vornehmlich auf der Akustikgitarre während eines Roadtrips durch Japan entstanden sind. Doch Gray hat um dieses Gerüst funkigen, komplexen, unwiderstehlichen Pop hochgezogen, der für Ohrwürmer und audiophiles Vertiefen gleichermaßen gut ist.
Enttäuschung des Monats: Super-Bowl-Halftime-Show
Dieser Punkt muss ein wenig konkretisiert werden: Die Super-Bowl-Halftime-Show von Kendrick Lamar im Februar 2025 war mit seinen vielen kleinen Easter Eggs und Schüssen gegen Trump herausragend. Peak Performance könnte man sagen, und ein würdiges Finale seines monumentalen Beefs mit Drake. Allerdings hatten sich genau deshalb viele Fans erhofft, Pusha T noch am selbigen Abend auf der Bühne im Caesars Superdome in New Orleans sehen zu können. Hatte der New Yorker doch ebenfalls einige Jahre zuvor heftige Streitigkeiten mit Drake. Dieser Schulterschluss hätte wohl für ein Beben in der US-Rapwelt gesorgt. Daher die Enttäuschung, dass Pusha T kein Special Guest bei Kendrick Lamars Super-Bowl-Halftime-Show gewesen ist.
Song des Monats: „Nosebleeds“ von Doechii
Auch wenn der Februar schon weit weg wirkt, erinnern wir uns an den Moment: Doechii holt völlig verdient den Grammy für das beste Rap-Album – und droppt nur Stunden später völlig überraschend „Nosebleeds“ mit der jetzt schon ikonischen Line „Everybody wanted to know what Doechii would do if she didn’t win… I guess we’ll never know.“ Ein selbstbewusster, siegessicherer Move und ein verdammt starker Song zugleich. Den Song hier hören.
März
Album des Monats: „Glory“ von Perfume Genius

Auf dem Papier ist es sein Indierockalbum, in echt ist es vor allem sein bisher bestes, das mit der Zuschreibung „Indierock“ absurd verknappt wird. Die Single „It’s a Mirror“ und auch das Aldous-Harding-Duett „No Front Teeth“ mögen nach vorne gehen, doch mit „Me & Angel“ hat Mike Hadreas auch eine herzergreifende und komplett unpeinliche Pianoballade für seinen langjährigen Partner Alan Wyffels geschrieben. Und hinten raus wird das siebte Perfume-Genius-Album dann auch wieder elektronischer und experimenteller.
Enttäuschung des Monats: Timbaland macht jetzt in KI?!
Sich selbst herausfordern. So das ausgemachte Ziel, das der wohl einflussreichste Beatmaker und Soundshaper der Nullerjahre, mit seinem diesjährig veröffentlichten Album „Timbo Progression“ gesetzt hat. Gelungen ist es Timbaland insofern, als dass sich alle zehn Songs auf maximale Distanz zu seinen vorherigen Projekten bewegen und ein sehr solides, organisches Afrobeat-Album bilden. Der Knackpunkt, weshalb es der 53-Jährige zur Enttäuschung dieses Monat geschafft hat, ist ein anderer. Hat der Starproduzent das Herausfordern und die Progression 2025 doch auch noch ganz anders interpretiert und kurzerhand die KI-basierte Entertainment-Firma Stage Zero gestartet und mit TaTa Takumi gleich die erste virtuelle Pop-Künstlerin unter Vertrag – oder wie man das nun auch bei einer KI nennen soll – genommen. Hier sägt einer am Ast, auf dem er sitzt. Bleib doch bitte bei Afrobeats!
Song des Monats: „The Giver“ von Chappell Roan
Chappell Roan hatte 2024 ihr großes Durchbruchjahr, und 2025 wurde es überraschend ruhig um sie. Dann erschien „The Giver“, ein Song, der sofort die Charts hochschoss: queer, laut, voll reiner Chappell-Energy. Eine direkte Erinnerung, dass sie noch da ist und sich einfach nur die Zeit nimmt, die sie für ihr nächstes Kapitel braucht. Den Song hier hören.
April
Album des Monats: „SABLE, fABLE“ von Bon Iver

Neuerfindung, geglückt: Das erste (und vielleicht letzte) Bon-Iver-Album, auf dem Justin Vernon nicht über Herzschmerz und Einsamkeit singt, sondern vor neuer Verliebtheit überschäumt. Zumindest in der zweiten Hälfte. Dass der Singer/Songwriter Folk und Elektroexperimente gegen Soul und Softrock-Elemente getauscht hat, hätte auch ganz schön ins Auge gehen können. Doch Vernons Einzigartigkeit schimmert auch hier durch. Das warme Orange des Covers ist übrigens neuerdings offiziell Teil des Pantone-Farbsystems.
Enttäuschung des Monats: Black Country, New Road
Neuerfindung, gescheitert: Ach Quatsch, das wäre übertrieben. Wäre das hier das erste Album dieser Band, wäre es vielleicht sogar ein Kandidat für die Platte des Monats gewesen. Stattdessen ist es das erste ohne Sänger Isaac Wood, zählt man das Livealbum von 2023 nicht mit. Die fünf anderen Mitglieder der einstigen Postpunk-Band haben Anerkennung verdient, dass sie weitergemacht und einen ganz neuen Sound gefunden haben. Allerdings einen, der beileibe nicht allen Fans gefällt: Statt Woods fiebriger Nervosität gibt es Verletzlichkeit und Harmonie, musikalisch setzt das Quintett auf Barock-Pop und Musical-Strukturen. Was fehlt, sind die genialen Geistesblitze des einstigen Frontmanns.
Song des Monats: „What was that“ von Lorde
Lorde gehört zu den Künstlerinnen, die auch mal jahrelang von der Bildfläche verschwinden. Vier Jahre Abstand zwischen Releases sind bei ihr Standard, dafür liefert sie aber auch jedes Mal ab. „What Was That“ kam als überraschender Vorbote ihres Albums „Virgin“ und machte mit dem nostalgisch-euphorischen Sound sofort Lust auf die neue Ära. Den Song hier hören.
Mai
Album des Monats: „Goodbye Small Head“ von Ezra Furman

Viele haben Ezra Furman erst durch den Soundtrack der Netflix-Serie „Sex Education“ entdeckt, dabei veröffentlicht die US-Songwriterin nun schon das zehnte Album – und wird immer besser. Worum es in den zwölf Songs von „Goodbye Small Head“ geht, weiß Ezra natürlich selbst am besten: „Twelve variations on the experience of completely losing control, whether by weakness, illness, mysticism, BDSM, drugs, heartbreak or just living in a sick society with one’s eyes open.“ So verschieden die Gründe für den Kontrollverlust, so vielseitig auch die musikalische Umsetzung: Auf ruppige Wut folgt der akustische „Veil Song“, und während „Submission“ von Synthies dominiert wird, veredelt ein Streichquartett den Emo-Prog von „Grand Mal“ und „A World of Love and Care“.
Enttäuschung des Monats: Wo ist das Lana-Del-Rey-Album?
Dass Lana Del Rey ihre eigenen Zeitpläne nicht einhält, sollten wir mittlerweile gewohnt sein. Trotzdem fallen wir immer wieder auf den Popstar herein. So auch bei ihrer neuesten Platte, die ursprünglich bereits im September 2024 (als „Lasso“) und dann im Mai dieses Jahres (unter dem Titel „The right Person will stay“) erscheinen sollte. Mit Instagram-Ankündigung der Künstlerin und zwei Vorab-Singles im April! Doch am versprochenen Tag blieb es still im Hause Lana. Aktuell ist die Platte (nun „Stove“ genannt) für Ende Januar vorgesehen. Aber ob es wirklich dazu kommt?
Song des Monats: „Tell me I never knew that“ von Caroline feat. Caroline Polachek
Die große Postpunk-Hoffnung des UK hat auf ihrem zweiten Album „Caroline 2“ noch mal ordentlich zugelegt. Schon diese Vorabsingle zeigt ihre Stärken auf: Experimentierfreude, kommunales Denken, abstrakte Atmosphäre gekoppelt mit wunderschönen Melodien. Und mit Caroline Polachek einer der besten lebenden Sängerinnen als Gast. Dass die Kollaboration zu Anfang als Witz gemeint war, bis Polachek überraschend tatsächlich auf die Anfrage der Band geantwortet hat, macht alles noch magischer. Den Song hier hören.
Juni
Album des Monats: „Never enough“ von Turnstile

Den Durchbruch haben Turnstile schon 2021 mit „Glow on“ geschafft, doch 2025 markiert den Moment, in dem die Band aus Baltimore es endgültig in den Rockolymp geschafft hat. „Never enough“ ist das Album, auf das sich dieses Jahr alle einigen konnten – egal, ob sie mit Hardcore sonst etwas anfangen können oder nicht. Das liegt an der noch nie so präsenten Pop-Sensibilität, den überraschenden Zwischentönen wie Flöten oder Synthesizern und natürlich dem Charisma von Frontmann Brendan Yates. Und ganz einfach daran, dass Turnstile eine verdammt gute Band sind.
Enttäuschung des Monats: „Tha Carter VI“ von Lil Wayne
Obwohl die legendäre Albumreihe eigentlich mit V beendet sein sollte, hat Lil Wayne sie noch einmal aufleben lassen – völlig unnötig bei dieser leblosen und gelangweilten Performance.
Song des Monats: „Thief“ von Little Simz
Hat Little Simz mit ihrem Album „Lotus“ den Streit mit und die Trennung von ihrem langjährigen Freund und Produzenten Inflo verarbeitet – der ihr bis heute Millionen schulden soll – ist „Thief“ der wütende Opener dieser vertonten Abrechnung. So harsch hat man die Londonerin wohl noch nie gehört – und es steht ihr fantastisch. Den Song hier hören.
Juli
Album des Monats: „Self Titled“ von Kae Tempest

„You are not the sum of the things you do wrong/In the eyes of someone who does not understand you/It’s not a disorder or a dysfunction/Disgusting the way they discuss us“: So rau und angriffslustig die Vorabsingle „Statue in the Square“, so vielschichtig nun das fünfte Album. Kae Tempest hat für „Self titled“ mit Adele- und Stormzy-Produzent Fraser T Smith gearbeitet – und wenn der Texte aus der Ich-Perspektive eingefordert hat, geht es dabei um nicht weniger als die Qualen des Versteckens und der Selbstverleugnung, aber eben auch um den Befreiungsschlag des nichtbinären trans Mannes Kae Tempest. Mehr noch als zuletzt auf „The Line is a Curve“ dem Songformat zwischen HipHop-Wurzeln und zeitgemäßem Pop verpflichtet, trotzt Tempest den Anfeindungen der Gegenwart mit Community-Gedanken.
Enttäuschung des Monats: „No Sign of Weakness“ von Burna Boy
So wirklich was Neues hat man von Burna Boy schon länger nicht mehr gehört. Das gilt auch für dieses Album. Und was sind das für Feature-Gäste: Travis Scott, Mick Jagger, Shaboozey?! Klingt, als hätte da ein Major bloß einmal tief in die Tasche gegriffen.
Song des Monats: „Dealer“ von Lola Young
Eigentlich lief 2025 hervorragend für Lola Young: neue Singles, ein Album, und alles knüpfte problemlos an den Erfolg ihrer Breakout-Single „Messy“ an. Doch Ende des Jahres zog die britische Sängerin die Reißleine und kündigte eine Pause an, um an ihrer Gesundheit zu arbeiten. „d£aler“ fängt ihre unverblümte Ehrlichkeit ein und thematisiert die Höhen und Tiefen von Selbstsabotage, über die sie so mutig spricht. Deswegen ist es unser Song des Monats. Den Song hier hören.
August
Album des Monats: „The Passionate Ones“ von Nourished by Time

Den düster-euphorischen Post-R’n’B, den Marcus Brown alias Nourished By Time mit „The Passionate Ones“ entwickelt hat, sucht seinesgleichen. Zumal der Musiker aus Baltimore in DIY-Tradition alles selbstproduziert und mit Zärtlichkeit und Wut über Religion, kapitalistische Ausbeutung, Unterdrückung und die Möglichkeit von Liebe rappt, singt und scattet. In Sachen Originalität macht ihm keiner etwas vor.
Enttäuschung des Monats: Mac DeMarcos Akustikgitarrenausflug
Schuster, bleib bei deinen Synthies. Liefert Mac DeMarco doch schon seit zehn Jahren verhangenen und umarmenden Synthiepop, hat er sich mit „Guitar“ 2025 an der Akustikgitarre ausprobiert. Klar: So reduziert versteht nun auch der letzte, dass der Kanadier ein guter Songwriter ist. Aber bitte, Mac: Gib uns deine schmalzigen Synthies zurück!
Song des Monats: „Man I need“ von Olivia Dean
Olivia Dean ist für den Grammy als Newcomer:in des Jahres nominiert, und trotzdem dominiert ihr Album „The Art of Loving“ schon jetzt viele Jahres-Best-of-Listen. Die britische Neo-Soul-Sängerin strahlt eine warme Positivität aus und schreibt Songs für gebrochene, aber heilende, Herzen, immer mit einer Portion Selbstliebe. „Man I Need“ fängt das Gefühl des Verknalltseins so perfekt ein, dass man beim Zuhören fast selbst Herzklopfen bekommt. Den Song hier hören.
September
Album des Monats: „Getting Killed“ von Geese

Die New Yorker Band um Cameron Winter – der 2025 auch noch ein Soloalbum veröffentlicht hat – ist das wohl spannendste, was die klassische Rockmusik in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Mit ihrem dritten Album „Getting Killed“ hat das Quartett nun ein Album abgeliefert, das Chaos und Groove vereint, das lustig und tieftraurig ist, das politisch wird, aber Musik bleibt. Ein Grower, bei dem man mit jedem Hördurchgang einen neuen Song zum Liebling auserkoren möchte.
Enttäuschung des Monats: „Double Infinity“ von Big Thief
Wie schon bei BC,NR ist das Wort „Enttäuschung“ mit Vorsicht zu genießen, denn dieses Album ist alles andere als schlecht. Doch waren wir von Big Thief eben nur das Allerbeste gewohnt, und noch dazu hatte es die Band irgendwie geschafft, sich zuvor mit jeder Platte noch zu steigern. Die Sinnkrise nach dem Ausstieg von Bassist Max Oleartchik haben die restlichen drei Mitglieder gelöst, indem sie Freund:innen und Bekannte ins Studio eingeladen und mehr Songs gemeinsam geschrieben haben. „Double Infinity“ ist loser, jammiger und unfokussierter als der Rest von Big Thiefs Diskografie, was ja erst mal nichts Schlechtes sein muss. Leider gerät dadurch aber auch die Geheimwaffe der Band aus dem Blick: die unverkennbare Handschrift von Adrianne Lenker, der besten Songwriterin ihrer Generation.
Song des Monats: „Immer wenn du trinkst“ von Mola
So, jetzt müssen wir aber auch mal einen deutschsprachigen Song highlighten: „Immer wenn du trinkst“ von Mola ist nicht nur ein außerordentlich schön scheppernder Rocksong, sondern auch ein hartes Stück über Alkoholismus, den Suffsumpf, den ewigen Entschuldigungen und dem Zweifel Sprache und Sound verleiht. Gänsehaut. Den Song hier hören.
Oktober
Album des Monats: „From the Pyre“ von The Last Dinner Party

The Last Dinner Party haben mit diesem Album endgültig klargemacht, dass sie sich von niemandem kleinreden lassen. Wo im vergangenen Jahr noch Industry-Plant-Vorwürfe durchs Netz hallten, lassen sie auf dem Album kritik auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Ein mystisch aufgeladenes Album, das ihren Sound nicht neu erfindet, ihn aber mutiger, facettenreicher und erzählerisch tiefgründiger macht.
Enttäuschung des Monats: Generischer Pop von Taylor Swift
Taylor Swift räumt seit Jahren so ziemlich jeden Preis ab und bricht reihenweise Rekorde. Für ihr erstes Album nach der Mega-Eras-Tour waren die Erwartungen entsprechend riesig. Doch „The Life of a Showgirl“ ließ Fans wie Kritiker:innen gleichermaßen ratlos zurück. Vom versprochenen Blick hinter die Showgirl-Kulissen war kaum etwas zu sehen, übrig blieb leider nur sehr generischer Pop. Viele hatten deutlich mehr erwartet.
Song des Monats: „Berghain“ von Rosalía
Rosalía tauchte plötzlich aus dem Off auf und stellt die Musiklandschaft mal eben auf den Kopf: Blitz-Albumankündigung, und sofort eine Single – „Berghain“. Die katalanische Künstlerin wirft Genregrenzen über Bord und bringt Klassik in den Mainstream. Selbstkomponiertes Chaos trifft auf Chöre, deutsche, Englische und spanische Vocals. Ein Sound, der hängen bleibt und Eindruck hinterlässt. Den Song hier hören.
November
Album des Monats: „Lux“ von Rosalía

Im November führte wirklich kein Weg an Rosalía vorbei. Ein so großes Album so spät im Jahr zu droppen, ist mutig und es hat funktioniert. „LUX“ vereint 13 Sprachen, Klassik, Elektronik, Pop und Flamenco zu einem emotionalen, experimentellen Meisterwerk. Rosalía war auf der Suche nach Licht und Erlösung und hat dabei ganz nebenbei den Maßstab für Alben 2026 ein ordentliches Stück nach oben gesetzt.
Enttäuschung des Monats: Hartschalensitze und Nachos mit Käsesauce
Nach siebenjähriger Konzertpause gehen Radiohead wieder auf Tour, auch in Berlin werden sie vier Shows spielen. Der komplizierte Weg zum Ticket mit Vorabregistrierung über die Homepage der Band spricht für Thom Yorke und seine Mitstreiter, immerhin geht es gegen den Schwarzmarkthandel und Störungen durch Bots. Doch wo spielen Radiohead? Einen seelenloseren Ort als die Uber Arena hat die Hauptstadt nicht zu bieten. Irgendwie passt das zu der Tatsache, dass Radiohead seit weit mehr als einem Jahrzehnt ausschließlich mit Neuauflagen, DeLuxe-Gedöns und Archiv-Material verdienen. Da hören wir lieber den Mitschnitt vom 9/11-Konzert in der Wuhlheide – und sind im Nachhinein dann doch enttäuscht, Radiohead auf ihrer „In Nachos“-Tour verpasst zu haben.
Song des Monats: „Große Kunst“ von Betterov
Eigentlich ist mit dem Titelsong zu seinem ebenfalls ganz wunderbaren neuen Album „Große Kunst“ bereits alles gesagt. Verhandelt Betterov mit dem Song doch das Großwerden in der Postwendezeit Thüringens, das im wahrsten Sinne gewaltige Gefühl der Klassenunterschiede und die eigene Flucht in Richtung Kunst (Berlin): Autobiografie und Postwendeporträt in knapp 4 Minuten. Getragen von Streichern und Piano ergibt das einen der Songs des Jahres. Den Song hier hören.
Dezember
Album des Monats: „USB“ von Fred Again..

Den USB-Stick in die CDJs gekloppt und einfach ein bisschen Musik zocken – mal gucken, wohin es einen führt. So oder so ähnlich lässt sich woh die Essenz des modernen DJings zusammenfassen. Dieser Spontanität wieder einen Schritt näher zu kommen, wird wohl auch einer der zentralen Ideen des neuen Albums von Fred Again.. gewesen sein, der mit „USB“ im Dezember ein Album veröffentlicht hat, das ganz eigentich eine Kollage ist: 34 Tracks, fast zweieinhalb Stunden lang – ein bisschen wie ein DJ-Set. Dabei leuchten die Songs jeden Winkel des Dancefloors aus: von Trance und UK-Rave bis zu Drum’n’Bass und Dancepop. Und auch die Feature-Liste ist so bunt wie ein gutes DJ-Set: von Amyl And The Sniffers, Floating Points und Swedish House Mafia bis zu Anderson.Paak, JPEGMAFIA und Playboi Carti. Als wäre Fred Again.. der Timbaland oder DJ Khaled der 2020er-Jahre.
Enttäuschung des Monats: Bamboo Artists
Ob man die diesjährige Netflix-Dokumentation über Haftbefehl, den wohl ikonischsten deutschen Rapper aller Zeiten, nun für gut, schlecht oder gar irrelevant befunden hat, eines hat sie dises Jahr nochmals unterstrichen: die ausbeuterische, erbarmungslose Gefräßigkeit der Musikindustrie. Und nur etwa anderthalb Monate später dann das: Dem Berliner Vorzeige-Label Bamboo Artists und seinem CEO Leander Kirschner werden psychische Gewalt und Grenzüberschreitung gegenüber Mitarbeitenden und Artists. Das berichtet DER SPIEGEL im Dezember 2025 in einer langen Recherche, für die mit ausgestiegenen Mitarbeiter:innen gesprochen wurde. Stand jetzt (16. 12.) ist auch ein Großteil der Künstler:innen wie etwa Ski Aggu, Zartmann oder 01099 – also die Gen-Z-Pop-Elite – auf Distanz zu ihrem Label gegangen. Bloß ein weiterer Beweis für das ausbeuterische System im Showbusiness.
Song des Monats: „SweetFaceKillah“ von Infinite Coles
Ein Disstrack an den eigenen Vater? Mit dem Opener und Titelsong seines Debütalbums „SweetFace Killah“, das sich im Folgenden als hymnischer Dancefloor-R’n’B entpuppt, geht der queere Sohn der Rap-Legende Ghostface Killah voll rein. „Is it me?/Am I not your cup of tea?/Are my pants not low/Like your self esteem?/Do I need to fuck a bitch/Just so you could see?“, rappt er in technischer Perfektion und wirft so seinem Vater Homophobie vor. Harter Stoff, aber besonders gut. Den Song hier hören.