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Lamya

Zur Begrüßung eine innige Umarmung. So herzlich wird man sogar von der Familie nicht immer emfangen. Vielleicht liegt Lamyas Herzlichkeit daran, dass die Kritik sie für ihr Soulpop-Debüt „Learning from falling“ so begeistert feiert. Dabei ist sie eigentlich völlig übernächtigt.

_ulysses: Lamya, angeblich sollst du nur jede dritte Nacht schlafen. Ist das wirklich so?

Lamya: Ja. Diesmal war es sogar erst die vierte. Vier Tage: Das war wirk-lich hart. Ich hatte sogar vergessen, dass ich in Hamburg bin. Ich kam zum Hotel und fand mein Hotelzimmer nicht. Ich dachte nur: Wo ist mein Bett? Ich war wie im Delirium.

_ulysses: Wie lebst du damit, so wenig Schlaf zu bekommen?

Lamya: Ich habe Alpträume; das ist der Grund, warum ich nicht gern schla-fe. Ich habe dann nicht mehr unter Kontrolle, was mit mir passiert. Als ich ein Kind war, habe ich immer unter der Bettdecke gelesen – so hat es an-gefangen. Ich mag die Dunkelheit nicht. Ich habe auch immer das Licht an.

_ulysses: Was machst du die ganze Nacht?

Lamya: Ich schreibe. Zwischendurch schaue ich mir auf BBC Lernsendungen an, „Open University” oder so ähnlich. Ich bringe mir so selbst Japanisch bei. Und dann schreibe ich weiter.

_ulysses: Musst du dafür in einer bestimmten Stimmung sein?

Lamya: Ja: depressiv, traurig oder zumindest ein wenig melancholisch. Ich schreibe nie, wenn ich glücklich bin.

_ulysses: Deine Songs sind sehr emotional. Hört sich an, als gäbe es eine bestimmte Person, für die du sie schreibst.

Lamya: Manchmal ist es schon eine bestimmte Person, manchmal ist es aber auch nur ein bestimmter Moment. „Black Mona Lisa“ habe ich für meine Mutter geschrieben.

_ulysses: Du stammst aus Oman, hast in Kenia und Ägypten gelebt. Wie kommt man von dort nach New York?

Lamya: Ich wollte schon immer singen und Songs schreiben, aber in meiner Heimat hat man dafür kein Verständnis. Kaum bist du 16, sollst du heiraten. Also rannte ich davon.

_ulysses: In New York war alles anders: die Sprache, die Kultur. Der Anfang muss sehr schwer gewesen sein.

Lamya: Ja, das war hart. Ich habe auf spezielle Weise gelernt, was Rassis-mus bedeutet. Als ich nämlich ein Bankkonto eröffnen wollte, fragte man mich, was ich sei: schwarz, weiß oder etwas anderes.

_ulysses: Was war das Erste, das du in New York getan hast?

Lamya: Ich habe versucht, die Clubs zu finden, in die Madonna geht. Jedes Mal, wenn ich in einen Club ging, habe ich gesagt: Hallo, ich bin Lamya, und ich singe! Aber es dauerte eine Weile, bis man mich ließ.

_ulysses: Was ist eigentlich los mit deinem Finger? Du bearbeitest ihn die ganze Zeit.

Lamya: Ich trage seit Silvester diese sieben Ringe und bekomme sie nicht mehr ab. Es tut sehr weh.

_ulysses: Hast du es schon mit Seife oder Creme versucht?

Lamya: Ja. Aber ich fürchte, man kann den Finger nur noch abschneiden.

Interview: Barbara Constanze Witzel

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