Lindsay Lohan
Lindsay Lohan ist 18, attraktiv und der heißeste Teeniestar, den die Traumfabrik zur Zeit bietet. Zum Interview zu ihrem neuen Film „Girls Club“ erscheint sie 1 1/2 Stunden zu spät, betritt den Raum ohne Entschuldigung und flötet „Hi Guys“, als wäre sie nur mal eben auf Klo gewesen. Macht man so was?
In „Freaky Friday“ spielte Lindsay Lohan eine Erwachsene im Teenie-Körper. In „Girls Club – Vorsicht bissig!“ ist sie wieder so alt, wie sie aussieht. Sie spielt Highschool-Neuling Cady, die in einer Zicken-Clique die Kunst der Intrige lernt. Am Ende schwört sie dem Psychoterror ab und bekommt dafür ihren Traumprinzen. Lindsay war eigentlich für die Rolle einer der fiesen Diven vorgesehen: „Wir haben aber festgestellt, dass ich viel besser mit Cady zurecht kam. Die Rolle ist komplexer und für mich interessanter.“ Erfahrungen mit Psychoterror und versteckten Anspielungen hat sie auf dem Schulhof oder in Hollywood noch nicht gemacht. Oder sie gibt es nicht zu. „Nein“, schüttelt sie energisch ihre rotbraune Mähne, „ich bin zwar froh, dass meine Schulzeit hinter mir liegt, aber ich hatte eine nette Mädchen-Clique. Und auch im aktuellen Hollywood ist es völlig sinnlos, versteckte Rivalitäten auszuleben.“ Die Klatschpresse erzählt anderes. „Das sind Journalistengeschichten, mit denen man Leben muss“, pariert Lindsay. Der zarte Seitenhieb auf den Job des Fragestellers sitzt.
Wie der Teenie aus New York so dasitzt und mit der mürbegewarteten Journalistenmeute umgeht, das ist sehr cool und professionell. Lindsay steht seit ihrem dritten Geburtstag im Scheinwerferlicht; Papa und Mama Lohan arbeiten energisch an den Schauspielerkarrieren ihrer Kinder und fungieren selbst als Produzenten. Ihre Tochter ist schon ein recht ausgebuffter Medienprofi. Mit strahlendem Augenaufschlag verkündet sie zum Thema Studium: „Ich habe schon die passenden Noten, aber ich werde jetzt doch nicht anfangen zu studieren. Meine Karriere hat ja gerade erst begonnen.“ Wobei eine Karriere im Haifischbecken Hollywood mit lohan’scher Harmlosigkeit nur zu erreichen ist, wenn der IQ dem Taillenumfang entspricht. Das ist bei Lindsay nicht der Fall, darum schmunzelt man, wenn dem cleveren Jungstar doch mal ein PR-Manöver zu plump gerät: Ihre Mentorin und Drehbuchschreiberin Tina Fey spielt in „Girls Club“ eine Lehrerin. Lindsay schwärmt davon, wie unglaublich „begabt“ die ehemalige Headwriterin von „Saturday Night Live“ sei. Das klingt nach Lob – aber wenn eine 18-Jährige einer erfahrenen 31-Jährigen Talent attestiert, ist das nur auf der obersten Ebene höflich. Darunter ist man schnell bei Überheblichkeit oder sogar bei dem angelangt, was man im Englischen „damning with faint praise“ nennt: jemanden niedermachen, indem man ihn lobt, aber durch deutlich mangelnde Begeisterung das Gegenteil ausdrückt. Aber vielleicht ist man da auch zu sehr im Fahrwasser von Lindsays Highschool-Mobbingfilms „Girls Club“. Lindsay legt aber nach. Sie erzählt, dass sie das gemeinsame Apartment mit Kollegin Raven in LA aufgegeben hat. „Die arme Raven“, bekundet Lindsay traurig, „Ich war einfach nie da, weil ich so viel zu tun hatte. Sie hat mir echt leid getan!“ Neuer Satz, altes Problem: Was nett klingt, nach Subtext. Der Grat zwischen echtem Mitgefühl und falschem Mitleid ist in Hollywood anscheinend so schmal wie das Budget regierungskritischer Filme.
Eins kann man dennoch definitiv sagen: An Selbstbewusstsein fehlt es Lindsay nicht. Ihr Idol ist nicht umsonst Jodie Foster, Macht und Selbstbestimmung interessieren sie offensichtlich sehr. Und als sie nach ihrer Lieblingsposition beim Hobby Fußball gefragt wird, muss die freche, smarte, altkluge, mitleidige, aber doch irgendwie süße Lindsay Lohan selber schmunzeln: „Stürmerin“. Was sonst?
Gabi Sabo