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Linus Reichlin: In einem anderen Leben

Luis hat eine harte Kindheit in den frühen 1960ern hinter sich: Der Vater Alkoholiker, die Eltern ständig im Streit und dabei auf skurrile Weise die Filmstars Taylor und Burton imitierend. Was das mit dem jungen Luis so machte, erfahren wir erst im Laufe des Romans, als der Held sich in der Pubertät abzusetzen beginnt, zunächst mit Hilfe der Musik und mit Freunden, dann gemeinsam mit der ersten Freundin. Als seine Mutter mit dem Auto verunglückt und zum Pflegefall wird, beginnt die Phase der Selbstvorwürfe, die Luis nie mehr loslassen werden. Jede neue Freundin wird von ihm durch die Brille des Jungen gesehen: Erinnert irgendwas an ihrem Verhalten an die Mutter?

An Situationen von früher? Aber auch die Freundinnen schauen wachsam auf ihn: Trinkt er wie sein Vater, hat er ein Problem? Jahre später, in Berlin, er wird gerade selbst Vater, muss sich Luis erneut mit seinen Eltern auseinandersetzen und nun endgültig die Weichen für sein Leben stellen. Linus Reichlin nimmt sich mit „In einem anderen Leben“ einen interessanten psychologischen Fall vor – und von einem Fall muss man hier leider sprechen. Dass der Held fixiert ist auf die Vergangenheit – geschenkt. Dass der Autor aber alle Erlebnisse außen vor lässt, bei denen Luis mal anderes tun könnte als zu grübeln, und da gäbe es viele, vor allem berufliche, das macht den Roman sehr eindimensional und oft auch schlicht nervig.

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