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Lisa Miskovsky

Umarme deine Angst

Vielleicht ist sie wirklich die nordische Alanis Morissette. Sicher aber ist: Die 26-jährige Schwedin Lisa Miskovsky müsste keine Musikerin sein, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das ginge auch mit dem Snowboard.

kulturnews: Lisa, dein Debüt ist beeindruckend. Aber warum hast du dir bloß so lange Zeit dafür gelassen?

Lisa Miskovsky: Ich habe viel herumprobiert, um das Beste aus den Songs herauszuholen. Außer-dem hatte ich, als ich vor fünf Jahren mit 20 oder 21 den Vertrag unter-schrieb, noch keine Lust, mich ausschließlich auf Musik zu konzentrieren. Es gab noch so viele andere Dinge, die mich interessierten.

kulturnews: Zum Beispiel Snow-boar-den. Stimmt es, dass du es bis ins schwedische Na-tionalteam gebracht hast?

Miskovsky: Ja, ich habe mit ihnen zusammen trainiert und war auf dem Sprung in die erste Mannschaft.

kulturnews: Trotzdem hast du die Karriere sausen lassen. Keine Lust mehr gehabt?

Miskovsky: Ich hatte das Gefühl, es wäre nicht der richtige Weg für mich. Zu der Zeit wollte ich lieber Spaß haben und mit meinen Freunden zusammen zu sein. Wäre ich Profi geworden, hätte ich wahrscheinlich meine Lebensfreude und Zufriedenheit verloren. Ab-gesehen davon hasse ich Wettbewerbe.

kulturnews: Du bist lustig: Das Musikgeschäft ist doch ein einziger Wettbewerb!

Miskovsky: Ähm, vielleicht habe ich darüber vorher nicht genügend nachgedacht … Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wieso Leute unbedingt erfolgreich und berühmt werden wollen.

kulturnews: Wieso bist du dann Musikerin geworden?

Miskovsky: Mir geht es darum, kreativ und künstlerisch zu sein. Ich weiß, dass ich das Talent und die Fähigkeit dazu habe. Es ist eine besondere Gabe, Musik machen zu können, und ich versuche sie zu ehren, indem ich achtsam mit ihr umgehe.

kulturnews: Du scheinst viele Gaben zu besit-zen. Bist du ein Günstling der Götter?

Miskovsky: (lacht) Ich habe in meinem Leben so viele merkwürdige Dinge erlebt; manchmal komme ich mir vor wie im Film. Neulich erst ist ein Freund aus Kanada, den ich mehrere Jahre nicht gesehen hatte, ins Cafe herein-spaziert, in dem ich gerade mit Freunden Pfannkuchen aß – einfach so. Es war purer Zu-fall. Das Cafe heißt „The Nine Cafe“ – die Neun ist meine Glückzahl. Er hatte mich drei Tage lang gesucht, und Stockholm ist eine ziemlich große Stadt … Solche Sachen passieren mir so häufig, dass ich wirklich glaube, das Schicksal hat ein Auge auf mich.

kulturnews: Vielleicht passiert dir das, weil du – wie man liest – jede neue Situation auf dich zukommen lässt, ohne Angst vor möglichen Konsequenzen.

Miskovsky: Gut möglich. Ich war schon oft in sehr unangenehmen Situationen mit Menschen, denen ich nicht wirklich vertrauen konnte. Und ich habe dadurch eine Menge über mich gelernt. Wenn du lernst, die Angst vor neuen Herausforderungen anzunehmen, bist du in der Lage, jede Situation in deinem Leben zu meistern. Du musst einfach nur deine Furcht umarmen.

kulturnews: Du bist ständig auf Achse. Wünschst du dir nicht oft ein weniger beweg-tes Leben?

Miskovsky: Natürlich vermisse ich manchmal die Ruhe, mich einfach nur hinsetzen zu kön-nen, um nachzudenken. Aber ich bin an so vielen Dingen interessiert, dass mich immer irgendeine neue Sache herausfordert. Für alles andere bleibt in Zukunft sicher noch genügend Zeit.

kulturnews: Was wäre, wenn du dazu ver-dammt wärst, vollkommen untätig zu sein?

Miskovsky: Ich würde mir Musik anhören, al-les, was ich schon immer hören wollte. Oder ich würde zu den ersten Hörerfahrungen mei-ner Kindheit zurückgehen.

kulturnews: … gilt nicht. Ich meinte natür-lich, dass du unfähig wärst, überhaupt etwas zu tun.

Miskovsky: Hm. Dann würde ich mir irgendei-ne mentale Beschäftigung. Aber auf keinen Fall würde ich davon verrückt werden.

Interview: Karsten Witthoefft

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