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Lloyd Cole

Wenn der britische Singer/Songwriter auf Tour kommt, um sein neues Album vorzustellen, erinnert sich kulturnews-Autor Joern Christiansen an einen Spruch, den er und seine Freunde seit vielen Jahren hochhalten: Hau ab, ich muss zu Lloyd!Von Joern Christiansen

Irgendwo stand über Lloyd Cole einmal geschrieben, er sei der Karl May der Popmusik. May, der ostdeutsche Schriftsteller, erdachte seine Abenteuer über Cowboys und Indianer im Schreibstübchen in Radebeul – ohne jemals zuvor den Wilden Westen gesehen zu haben. Cole sang über „Rattlesnakes“, klang wie Dylan und wollte wie Cohen sein – war aber auch noch nie aus dem schottischen Glasgow rausgekommen. Das war Anfang der 80er, eine recht schwierige Zeit, um als introvertierter Student der Philosophie Popstar zu werden. Der Thron des einsamen, grüblerischen Poeten war ohnehin schon besetzt: von Morrissey. Wem sonst?

Für meine Freunde und mich war Lloyd Cole immer wie ein Freund – ein Freund mit Songs.

Wir trugen (wie er) Rollkragenpullover, liebten französische Schauspielerinnen und redeten plötzlich schlaues Zeug über amerikanische Literatur. Sich unverstanden zu fühlen, schmeckte mit Rotwein auf einmal gut und klang mit „Are you ready to be heartbroken“ noch besser. Leider konnte sich Lloyd von unser Zuneigung nichts kaufen.

Im Gegenteil. Je klüger seine Texte und je ausgereifter seine Pop-Miniaturen wurden, desto geringer waren die Plattenverkäufe. Für ihn hieß es irgendwann Umzug nach New York inklusive Neuanfang als Solokünstler mit langen Haaren und Bart. Sein neues Motto: „I try to rock.“ Wir blieben ihm immer treu.

Symptomatisch zeigt ein Beispiel, mit welchen Späßen das Schicksal die Karriere von Cole torpedierte: Als wir aus purer Nostalgie 2004 nach London reisten, um Lloyd Cole & The Commotion in Originalbesetzung bei einem Reunion-Konzert in Hammersmith zu sehen, spielte im Vorprogramm ein junger, unbekannter Musiker ein paar Songs auf akustischer Gitarre. Sein Name: James Blunt. Preisfrage: Wer wurde kurz danach ein Weltstar mit Millionen verkaufter Alben und ausverkaufter Arenen? Auflösung: Lloyd Cole war es nicht.

Später dann fuhren wir vier Freunde mit dem Zug zu einem seiner Konzerte nach Düsseldorf. Irgendwo auf dem Weg entlang der Strecke warb eine Neon-Reklame für Lloyd-Versicherungen. Von da an war unser Spruch geboren: Hau ab, ich muss zu Lloyd! Daran hat sich nie etwas geändert. Wenn Herr Cole im März sein aktuelles Album „Guesswork“ hierzulande präsentiert, werden wir da sein. Wir müssen – zu Lloyd!

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