Lokua Kanza im Interview
Bei Peter Maffays „Begegnungen“ verzauberte Lokua Kanza mit seinen sonnigen Songs das Publikum. Nun geht der gebürtige Zairer, der auch mit Cesaria Evora und Marla Glen spielte, mit seiner CD „3“ (BMG HH) auf Tournee – und streut dabei Ohrwürmer unters Volk.
Kultur!News: Lokua, wenn dir die Stimmbänder versagten, welcher Beruf würde dich reizen?
Lokua Kanza: Arzt. Oder Pfarrer.
K!N: So siehst du nicht gerade aus.
Kanza: Religion heißt für mich, Freude und Hoffnung zu geben. Auch als Musiker möchte ich mehr über das Leben mitteilen als „Baby I love you“. Deshalb mache ich Songs wie „Be yourself“.
K!N: Warum singst du zum Teil in Kisuaheli?
Kanza: Ganz einfach: Mein Englisch ist nicht gut genug für schnelle Lieder, da verhaspel ich mich.
K!N: Du bist aber auch mit Französisch aufgewachsen.
Kanza: Ja, in Kinshasa, bis ich 25 war. Jetzt lebe ich seit 14 Jahren in Frankreich. Aber ich fahre jedes Jahr nach Hause. Die Leute dort sind arm, aber sie genießen das Leben. Viele kommen vorbei, um mich kennenzulernen – und sich nach den Maschinen zu erkundigen, die in Europa Geld ausspucken. Wenn man ihnen sagt, daß es in Europa ganz schön hart ist, winken sie ab: „Quatsch, warum lebst du denn da?” Weil ich in Zaire manchmal drei Tage nichts zu essen hatte. Und weil es keine 16-Spur-Aufnahmen gibt.
K!N: Was hat dich in Europa überrascht?
Kanza: Als ich ankam, hat sich ein Paar auf dem Flughafen geküßt. In Afrika macht man das nicht. Der reinste Porno.
K!N: Manche Afrikaner meinen, deine Musik sei zu weiß.
Kanza: Ich habe die Melodien einiger traditionellen Lieder rhythmisch überarbeitet, weil sie sehr monton sind. Das heißt nicht, daß ich meine Kultur nicht liebe. Im Gegenteil: „Man kann einen Baumstamm lange ins Wasser legen, aber er wird nie ein Krokodil.“ Doch in erster Linie bin ich Musiker: In einem miesen Viertel von Kinshasa, 35 Grad, mittags, summte ein Freund „Die Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi. Ich habe sofort klassischen Unterricht genommen.
K!N: Kanntest du damals auch schon deutsche Komponisten?
Kanza: James Last, den haben wir jeden Sonntag gehört. Das war unser einziges philharmonisches Orchester. Ich weiß, für euch ist es Schlager, aber für uns war es wunderbar. Wenn man arm ist, ist eine Mark eine Menge.
Interview: Constanze Rheinholz