Mamiffer: The brilliant Tabernacle | Review
Mamiffers jüngstes Werk ist ebenso dynamisch wie schwer zu greifen, ein schemenhaftes Album mit ungeahnten Tiefen.
Ähnlich filigran wie die Musik muss auch eine Kritik des neuen Mamiffer-Albums „The brilliant Tabernacle“ ausfallen: Es wäre viel zu leicht, diese tolle Platte aus Versehen mit Begriffen wie „Mutterschaftsglück“, „Naturidyll“ oder „Flöten“ vorzubelasten. Fernab von oberflächlicher Hippieromantik ist „The brilliant Tabernacle“ ein feingliedriges Rätsel, dessen größte Stärke seine inhaltliche und formelle Verstelltheit ist. Faith Coloccia singt tatsächlich über ihr Kind und nimmt ihre Mutterschaft als Anlass für eine neopaganistische, spirituelle und naturverbundene Perspektive. Doch nähert sie sich dem Themenkomplex mit Ehrfurcht, ohne jegliche Verklärtheit oder Reduktion auf einfache Lehrsätze.
Musikalisch spielen sich Mamiffer vom schemenhaftem Ambient-Drone-Folk der ersten Hälfte bis hin zum psychedelischen, kaleidoskopischen Kernstück „Hymn of Eros“, das mit einer Art heidnischem Trommelkreis-Technoritual endet. Jedes Arrangement bietet ungeahnte Tiefen, die Kompositionen brechen unerwartet ab, verschlingen sich ineinander, wenden sich in neue Richtungen oder verschwinden gänzlich im Nebel. Und ja, Flöten gibt es auch – sehr prominent sogar –, aber selbst die gelingen Mamiffer. jl
The brilliant Tabernacle erscheint heute auf SIGE Records. Das Album könnt ihr auf Amazon kaufen.