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Max Raabe im Interview zu seinem neuen „MTV Unplugged“-Album

Vor wenigen Monaten hat Max Raabe sein „MTV Unplugged“-Album aufgenommen. Im Interview mit kulturnews spricht er über Genussmittel, Herbert Grönemeyer und Rechtsextremismus.

Herr Raabe, wir sitzen im einstigen Raucherzimmer von Clärchens Ballhaus in Berlin-Mitte. Haben Sie mal geraucht?

Max Raabe: Als ich mit der Schule fertig war, fand ich es sehr toll und entspannend, Pfeife zu rauchen. Bis ich gemerkt habe, dass das ganz schön auf Hals und Rachen geht und meinem Beruf alles andere als zuträglich ist.

Das kann man sich so richtig schön vorstellen, Max Raabe mit Pfeifchen.

Raabe: In der Tat. Ich bin damals viel gewandert. Irgendwo hinsetzen, Päuschen machen, Pfeife stopfen, und die Sonne geht unter. Das war schon eine schöne kleine Betäubung. Vom Pfeife rauchen wird man ja ein kleines bisschen dusselig.

War nur Tabak drin?

Raabe: Ja. Nichts, was lustig macht. Beim Kiffen habe ich keine Freude gehabt. Ich habe das nur zweimal probiert und beide Male gefroren wie ein Schneider. Danach war ich mit dem Thema durch. Jetzt bleibt mir nur noch der Alkohol (lacht).

In Berlin geht die Nacht spät los. Bei Ihnen auch?

Raabe: Ich stelle mir jetzt nicht den Wecker auf drei Uhr, um mich dann ab vier Uhr bis morgens früh irgendwo in die Schlange zu stellen. Aber es passiert schon, dass ich lange unterwegs bin. Gestern war eine Freundin aus München zu Besuch, wir haben mit ein paar Leuten in der Kneipe gesessen und bestimmt bis 3 Uhr gequatscht. War ein lustiger Abend.

Dafür sind Sie aber schon wieder ganz munter.

Raabe: Die Stimme hängt noch ein bisschen runter, und rasiert habe ich mich auch nicht. Ich habe jetzt zwei Tage frei, da gönne ich mir diese kleine Nachlässigkeit.

„MTV Unplugged“: Zu cool für Max Raabe?

Bei den Aufnahmen zu Ihrem „MTV Unplugged“-Album vor einigen Monaten war vermutlich eher Präzision erforderlich, oder?

Raabe: Im Nachhinein war es schon sportlich, das ganze Konzert mit weit über zwei Stunden Länge an zwei Tagen aufzunehmen. Aber wenn man mit so einem guten Ensemble wie dem Palast Orchester spielt, dann geht das. Außerdem haben wir die Lieder zum Teil umarrangiert, Tonarten verändert und natürlich intensiv mit den Gästen geprobt.

Darunter sind illustre Kolleginnen und Kollegen. Wie sind Sie auf Lars Eidinger gekommen?

Raabe: Bei der Premiere seines Films „Die Dreigroschenoper“ hat er mich angesprochen und mir erzählt, dass er bei seiner Aufnahmeprüfung an der „Ernst Busch“-Schauspielschule in Berlin „Kein Schwein ruft mich an“ vorgetragen hat. Das fand ich lustig. Also habe ich ihn gefragt, ob er sich vorstellen kann, „Moritat von Meckie Messer“ mit mir zu singen. Ein perfektes Lied für uns beide.

War das mit dem „MTV Unplugged“-Album eigentlich Ihre Idee?

Raabe: Nein, wir sind gefragt worden. Ich selbst wäre auf die Idee gar nicht gekommen, denn diese „MTV Unplugged“-Shows sind ja immer so cool – und das bin ich gar nicht. Ich fand die Idee allerdings sehr reizvoll, Leute einzuladen, auf die man nicht automatisch kommt, wenn man an uns denkt.

Auf diese Art sind Sie aber schon cool, oder?

Raabe: Ich muss das Gespräch jetzt leider abbrechen (lacht). Ich will gar nicht cool sein, mir reicht es, entspannt zu sein. Ich sehe manchmal einen Opa und denke, das ist ja ein cooler Sack. Oder auch Kinder von Freunden, bei denen man denkt: Was für ein abgeklärter Kerl, obwohl er erst sechs ist.

Zwischen Samy Deluxe und Herbert Gröhnemeyer

Auf „Der perfekte Moment“ rappt Samy Deluxe …

Raabe: Okay, Samy ist wirklich ein cooler Hund. Er ist tiefenentspannt und sehr sympathisch, in seinen Texten spiegelt sich die Gegenwart wider, er ist kritisch und ein sehr kluger Beobachter.

Wissen Sie im HipHop Bescheid?

Raabe: Mäßig. Es ist nicht so mein Ding, wenn Rapper in ihren Videos in Limousinen muffig guckend durch die Gegend fahren und sich über alles beschweren. Aber es gibt ein paar wirklich hervorragende Kollegen, die auch eine gewisse Ironie in ihren Texten haben.

Herbert Grönemeyer ist auch dabei. Sie singen seinen „Mambo“, und er singt Ihr Stück „Du weißt nichts von Liebe“. Ist er ein Freund?

Raabe: Nein. Wir sind uns ab und zu über den Weg gelaufen und miteinander bekannt. Ich war wirklich sehr glücklich, als er zugesagt hat. Herbert hat mir gesagt, dass „Du weißt nichts von Liebe“ sein Lieblingsstück von mir ist. Ich habe das auch immer gern gesungen, vor allem wegen der Zeile „Ich krieg noch Geld von dir zurück/ das überweist du“. Nach einer Trennung kann das miteinander sehr profan werden.

„Die Geschichte wiederholt sich nie so, wie sie schon mal war.“

Herbert Grönemeyer artikuliert sich sehr laut und deutlich gegen Rechtsextremismus und Populismus.

Raabe: Das bricht aus ihm heraus und hat dieselbe Kraft wie alles andere, was er auf der Bühne macht. Ich finde das wahnsinnig beeindruckend.

Sie singen seit Jahrzehnten die Lieder der Weimarer Zeit, haben sich intensiv mit der Musik und den Menschen von damals beschäftigt. Gibt es heute Parallelen zu den 20er und frühen 30er Jahren?

Raabe: Die Geschichte wiederholt sich nie so, wie sie schon mal war. Es wird anders sein, das ist das Tückische. Wir müssen aufpassen, dass die Rechten keine Stimmung im Land verbreiten und etablieren, die keiner außer denen will. Hass ist kein Weg.

Stehen Sie mit Ihren Liedern für das Gegenteil von Hass? Für Liebe und Leichtigkeit?

Raabe: Ja, unbedingt. Ich habe ein Faible für Ironie. Ich glaube, wenn man Sachen ironisch hinterfragt, dann kann man nicht hassen. Ich denke auch, dass sich rechtsnationales Denken und Ironie ausschließen. Die Rechten sind ja alle so verbissen und unlustig.

Interview: Steffen Rüth

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