Mira Nair
Wenn in Indien geheiratet wird, gerät die Feier zu einem farbenprächtigen, aufwändigen und auch sinnlichen Fest. Die Regisseurin Mira Nair („Kama Sutra“) breitet in ihrem neuen Film „Monsoon Wedding“ (ab 18. 4.) ein witziges und auch nachdenkliches Familienpanorama aus.
kulturnews: Frau Nair, Ihr Film handelt nicht nur von Familie, ihre eigene Familie ist selbst daran beteiligt. Wie kam es dazu?
Mira Nair: Ganz einfach: sie waren umsonst! (lacht). Ich hatte ursprünglich ja ganz bewusst einen Low Budget-Produktion im Kopf, um ganz frei von irgendwelchen Zwängen zu sein. Und um die Hochzeitsgesellschaft darstellen zu können, habe ich einfach meine Familie eingeladen. Es wäre nämlich teuer geworden, die vielen Festtagskostüme und auch den Schmuck schneidern zu lassen oder auszuleihen. Und meine Mutter übernahm das Catering für die ganze Crew. Das war eine sehr schöne Sache!
kulturnews: Ein wichtiges Thema Ihres Films ist der Zusammenprall von modernem und traditionellen Indien. Ist das ein Problem?
Nair: Wir leben das in Indien einfach! Eine Frau trägt vielleicht tagsüber ein sexy T-Shirt, abends den traditionellen Sari. Es geht alles durcheinander. Ganz entscheidend für die Veränderung im Land ist die sexuelle Revolution, die gerade durch Indien fegt.
kulturnews: Braut und Bräutigam im Film haben sich nicht selbst den Lebenspartner ausgesucht. Sind solche arrangierten Hochzeiten heute noch üblich?
Nair: Es gibt sie immer noch. Aber heutzutage ist es meist so, dass Braut und Bräutigam sich erst einmal kennen lernen und sich auch dagegen entscheiden können. Wissen Sie, Heirat ist immer ein Glücksspiel. Ich kenne viele solche arrangierten Ehen, die perfekt funktionieren.
kulturnews: In ihrem Film finden gleich zwei Hochzeiten statt, die eine sogar sehr opulent. Lieben sie diese Zeremonie?
Nair: Um ehrlich zu sein: Mich interessieren Hochzeiten eigentlich gar nicht. Ich wollte einen Film über das moderne Indien machen und habe die Hochzeit gewählt, weil dies eine Gelegenheit ist, wo alle Familienmitglieder zusammen kommen. Sie müssen wissen: Es gibt keine indische Familie, die nicht mindestens eine Person hat, die im Ausland lebt.
kulturnews: Sie selbst leben abwechselnd in Indien, Afrika und in den USA. Versuchen Sie in ihrem Filmen diese unterschiedlichen Kulturen miteinander zu verschmelzen?
Nair: Ich hoffe, dass ich nie so ein Benneton-Multikulti-Filmemacherin werde! Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als die Kulturen, die Menschen und ihre Art zu leben wild durcheinander zu werfen. Ich fühle mich inzwischen an allen drei Orten zuhause. In der Tat plane ich bereits ein langer Zeit, einen Film in Afrika zu drehen, um den Kontinent und seine Menschen von innen heraus zu zeigen. Es gibt bei uns doch nur diese Klischees im Kino zu sehen.
Interview: Axel Schock