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Mit siebzehn

Altmeister André Téchniné legt mit „Mit siebzehn“ ein kleines Meisterwerk über den schmalen Grat zwischen Aggression und Liebe vor.

Thomas stellt Damien ein Bein, der fällt vor der gesamten Schulklasse auf den Boden. Am nächsten Tag rächt sich Damien, indem er Thomas an der Tafel bloßstellt. Weshalb sie sich nicht leiden können, das wissen die Jungs auch nicht so genau, beide können jedenfalls nicht voneinander lassen: Sie belauern und beobachten einander, werfen sich Blicke zu – wenn der andere es merkt, dann drohend, wenn nicht, dann voll heimlicher Neugier. Magnetartig stoßen sie einander ab und ziehen sich immer wieder an, wenn auch zunächst mit geballten Fäusten. Auch dann noch, als Damiens Mutter den Entschluss fällt, Thomas bei sich zu Hause aufzunehmen, nachdem dessen Mutter erkrankt – eine fast märchenhafte Fügung, die André Téchiné glaubhaft zu vermitteln weiß. „Mit siebzehn“ wirkt wie ein filmischer Jungbrunnen für den 74-jährigen französischen Regiealtmeister, ein naturalistischer und körperlicher Film. Bis sich Thomas und Damien eingestehen, dass das, was sich bisher in Aggressionen ausdrückte, vielleicht sogar Liebe sein könnte, vergeht noch viel Zeit. Téchiné erzählt davon so selbstverständlich und organisch wie zuletzt 1994 in seinem Meisterwerk „Wilde Herzen“. sb

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