Molotov
Wer mit schmutzigen Wörtern um sich wirft und die Regierung kritisiert, macht sich in Mexiko ganz bestimmt keine Freunde. Die Band Molotov schert das nicht. Sie hält auch auf ihrem neuen Album „Apocalypshit“ an ihrem altbewährten Prinzip fest. Wir sprachen mit Schlagzeuger El Gringo Loco.
CITY.mag: Euer Albumtitel klingt nach Weltuntergangsstimmung…
El Gringo Loco: Wir haben unsere Platte „Apocalypshit“ genannt, weil wir uns über die Panik vor dem Jahrtausendwechsel lustig machen wollten. Viele Mexikaner denken nämlich, dass die Welt untergehen wird.
CITY.mag: Sich über die Ängste anderer Menschen lustig zu machen, ist nicht gerade ein feiner Charakterzug.
El Gringo Loco: Es entspricht aber der mexikanischen Mentalität, Witze über ernsthafte Dinge zu machen. Als 1985 ein Erdbeben das Land erschütterte, waren am nächsten Tag in den Zeitungen Comics über diese Katastrophe.
CITY.mag: Aber hört nicht bei vielen Mexikanern spätestens bei euren obszönen Texten der Spaß auf?
El Gringo Loco: Ja. Wir haben schon viele böse Briefe. Aber was soll’s? Wir betrachten uns als Sprachrohr der mexikanischen Jugend. Und die interessiert sich natürlich auch für Sex.
CITY.mag: Neben Sex thematisiert ihr in euren Texten auch Politik. Wollt ihr eine politische Band sein?
El Gringo Loco: Ja. Wir erklären in unseren Stücken, warum wir mit der Regierung unzufrieden sind. Der Opener „Apocalypshit“ beschäftigt sich beispielsweise mit der Zensur.
CITY.mag: Und was werft ihr den Polikern sonst noch vor?
El Gringo Loco: Dass sie bestechlich sind und Informationen fälschen. Außerdem ist es um die Bildung in Mexiko sehr dürftig bestellt. Viele Leute können nicht mal lesen, obwohl sie einen Schulabschluss haben.
CITY.mag: Trotzdem macht ihr keineswegs düstere Musik. „El mundo“ klingt fast wie ein Easy-Listening-Song.
El Gringo Loco: Dieses Lied ist von altem mexikanischen Folk beeinflusst und hat viele Latino-Vibes. Überhaupt ist unsere Musik sehr vielseitig. Wir interpretieren die Stücke unterschiedlich, weil ich als gebürtiger Amerikaner einen anderen kulturellen Hintergrund habe als die übrigen Bandmitglieder.
Interview: Dagmar Leischow