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Natürlich Bond

Er ist der neue Superspion im Geheimdienst Ihrer Majestät. Aber so richtig viel weiß man noch nicht über Daniel Craig. u_mag traf den Briten zum Vorstellungsgepräch.

u_mag: Mister Craig, wie gefällt es Ihnen, berühmt zu sein?

Daniel Craig: Was meine beruflichen Möglichkeiten betrifft, fühle ich mich wie ein echter Glückspilz. Schließlich öffnet ein bekannter Name Türen. Man kann Filmprojekte realisieren, die man als Nobody niemals auf die Beine hätte stellen können. Allerdings ist der Bekanntheitsgrad eines Schauspielers natürlich kein Erfolgsgarant – Johnny Depp oder Jude Law haben auch schon Flops gelandet.

u_mag: Können Sie noch in Ruhe in den Supermarkt gehen?

Craig: Ja. Ich wohne in London. Dort ist es wie in den meisten Großstädten: Die Leute interessiert es nicht besonders, wenn ein sogenannter Promi über die Straße läuft. Ab und zu werde ich neugierig angeschaut. Aber bis jetzt fahre ich noch ganz entspannt mit der U-Bahn.

u_mag: Klingt alles sehr bescheiden. Wie ehrgeizig sind Sie wirklich?

Craig: Wenn überhaupt, dann besteht mein Ehrgeiz darin, interessante Projekte zu finden. Ich wünsche mir Drehbücher, bei denen ich unmöglich „nein“ sagen kann, weil sie mich so fesseln. Ich möchte bei der Arbeit Leidenschaft empfinden, dann bin ich auch mit der zweiten oder dritten Reihe zufrieden. Ich muss nicht im Mittelpunkt stehen.

u_mag: Spielen Sie deshalb so oft in Independent-Produktionen wie „Enduring Love“ oder „Layer Cake“ mit?

Craig: Ich mag nun einmal komplexe Charaktere, und suche stets nach der Rolle mit der spannendsten Entwicklung. Da wird man bei kleineren Filmen oder bei Nebenrollen eher fündig als im Mainstreamkino.

u_mag: Sie sind in Liverpool aufgewachsen, das verrät Ihr starker Akzent. Ist das beruflich ein Problem?

Craig: Hängt davon ab, wie betrunken ich bin. (lacht) Nein, normalerweise kann ich mich ganz gut beherrschen. Außerdem bin ich schon mit 16 Jahren nach London gezogen, um Schauspiel zu studieren. Dabei habe ich Oxford-Englisch gelernt. Als ich mit der Ausbildung fertig war, wurden in England sehr viele Filme im Stil von „Zimmer mit Aussicht“ gedreht. Da wäre ich ohne vernünftiges Englisch aufgeschmissen gewesen.

u_mag: Apropos Liverpool: Sind Sie Beatles-Fan?

Craig: Nein, ich mag die Stones lieber. Aber mein Vater war ein großer Beatles-Fan, er ist in die gleiche Schule wie John Lennon gegangen und hat die Beatles sogar in Hamburg auf der Bühne im Kaiserkeller gesehen.

u_mag: Wie kamen Sie überhaupt zur Schauspielerei?

Craig: Ich verkleide mich gerne und bin ein Angeber (lacht). Scherz beiseite: Ich liebe diesen Beruf einfach. Ich bin neugierig, suche permanent nach der Wahrheit.

u_mag: Welche Art von Wahrheit finden Sie in Ihrem Beruf?

Craig: Ich glaube, dass jede Form von Kunst ein politisches Statement ist. Sogar ein Blockbuster-Film spiegelt das politische Klima seiner Entstehungszeit wider. Ich bezeichne mich zwar nicht als Künstler, aber meine Arbeit ist eine Art von künstlerischem Ausdruck. Dazu gehört auch eine Form von Selbsterkundung, der permanente Versuch, sich weiterzuentwickeln, der Stagnation entgegenzuwirken und offen zu bleiben. Und die Reise namens Leben bewusst wahrzunehmen.

u_mag: Bevor Sie der neue James Bond wurden, galten Sie eher als Geheimtipp. Was haben Sie reagiert, als Steven Spielberg Ihnen eine Rolle in „München“ anbot?

Craig: Das war verrückt! Mein Agent schickte mich zu einem Treffen nach Paris, wo Spielberg gerade auf Motivsuche war. Bis zu dem Moment, in dem ich ihm gegenüberstand, hatte ich geglaubt, dass die ganze Sache ein Scherz wäre – ein Streich mit der versteckten Kamera.

u_mag: Wie haben Sie eigentlich den Wirbel um die 007-Nachfolge wahrgenommen?

Craig: Ich habe versucht, das Ganze locker zu sehen. Hätte man mich nicht genommen, wäre meine Karriere deshalb nicht vorbei gewesen. Auch jetzt versuche ich, mir keine Gedanken darüber zu machen, inwiefern die Rolle mein Leben verändern könnte. Ich bin Schauspieler aus Liebe zum Beruf – nicht, weil ich berühmt werden will und einen dicken Zaun um meine Villa bauen möchte.

Interview: Dörte Langwald

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