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Nic Pizzolatto: Galveston

Killer Roy Cady hat keinen so wirklich guten Tag erwischt: Sein Boss Stan Ptiko vögelt seine Freundin, schickt ihn unbewaffnet in einen Hinterhalt mit Mafiosi und gerade erst am Morgen hat er die Diagnose Lungenkrebs bekommen. Nur aufgrund seines Instinktes und der Kampferfahrung kann er Ptikos Falle entkommen. Dabei befreit er auch die Teenager-Prostituierte Rocky und flüchtet mit ihr in seine alte Heimatstadt Galveston.

Und bald schon sind sie zu dritt: Rocky drängt Roy zu einem Zwischenhalt, bei dem sie mit vorgehaltener Waffe ihre 3-jährige Schwester Tiffany aus der Gewalt ihres Stiefvaters entreißt. Schließlich landen sie im „Emerald Shores“, einem Trailerparkmotel am Golfstrand von Galveston, das ein Zufluchtsort für Junkies, Rednecks und andere verlorene Existenzen geworden ist. Gerade hier, wo jeder sich vor dem eigenen Untergang versteckt, erkennt Roy, dass sich ihm eine vage Chance bietet: Er versucht – zumindest für Rocky und Tiffany – einen Weg für eine bessere Zukunft zu bereiten, doch auch Stan Ptikos Killer sind ihnen weiter auf den Fersen.

Das Romandebüt des Drehbuchautors der HBO-Serie “True Detective“ greift das große Thema des amerikanischen Noir auf: den vergeblichen Versuch, in der Heimat und der eigenen Vergangenheit eine Zuflucht vor der aussichtslosen Gegenwart zu finden. Auch wenn es dabei zunächst so aussieht, dass Pizzolatto nur Klischees wie dem der jugendlichen Nutte oder des Außenseiterkollektivs variiert und das Ganze ziemlich vorhersehbar ist, entwickelt sich der Roman schon bald mit geschickten Wendungen sowie Vor- und Rückblenden zu einem grandiosen Road- und Seelentrip.

Die 1987 einsetzende Handlung umfasst dabei einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren, und der Schauplatz Galveston ist vom Autor ganz bewusst gewählt: Am Ende setzt Pizzolatto mit dem Hurrikan Ike einen grandiosen Schlusspunkt. Ein sentimentaler und zugleich kraftvoller Krimi Noir ganz in der Tradition von Jim Thompson oder Charles Willeford. So traurig schön, so gewaltig, dass selbst harte Kerle die letzte Seite des Romans mit Tränen in den Augen lesen werden. (nh)

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