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Nick Hornby: Miss Blackpool

Mit Büchern wie „High Fidelity“, in dem er anekdotisch den Alltag in einem Londoner Plattenladen schilderte, avancierte Nick Hornby zu einem der wichtigsten Popliteraten der Gegenwart. Spätestens die – an sich schon ein Oxymoron – Suizidkomödie „A long Way down“ machte jedoch klar, dass Hornby nicht jedem Thema mit seinem typischen Tonfall aus lockerem Parlieren, ironisch-trockenem Witz und dem vereinzelten Hang zur Binsenweisheit beikommen kann. Mit „Miss Blackpool“ hingegen bewegt sich Hornby wieder auf sicherem Terrain. Ein Karriereroman aus den Swinging Sixties, angesiedelt in der Welt der Fernsehsitcoms. Im Mittelpunkt die junge Barbara, die in ihrem Heimatkaff Blackpool – eher widerwillig – zur Schönheitskönigin gekrönt wird, obwohl sie doch eigentlich etwas völlig anderes will: die Menschen zum Lachen bringen, so wie TV-Komikerin Lucille Ball. In den beginnenden 60er-Jahren ist das keine Selbstverständlichkeit. Dennoch macht sie sich kurzerhand auf den Weg nach London, wo sie zunächst in der Kosmetikabteilung eines Kaufhauses landet, durch einige glückliche Zufälle aber die Hauptrolle in einer Comedyserie erhält, die sich zu einer der erfolgreichsten Fernsehsendungen Englands entwickelt – und Barbara zum Star macht. Doch nach der ersten Euphorie muss auch sie einsehen, dass Popularität ihren Preis hat. Nick Hornby, der nach „How to be good“ ein zweites Mal eine weibliche Perspektive einnimmt, ist dabei wieder einmal in Plauderlaune. Dass seine Erzählung – zugleich Zeitporträt, Emanzipationsgeschichte und spöttischer Blick auf die Medienbranche – recht lange braucht, um sich vom Fleck zu bewegen, könnte man „Miss Blackpool“ ohne Weiteres als Schwäche auslegen. Doch Hornby lässt sich einfach Zeit dabei, seine Figuren zu beobachten und zu beschreiben: Die platzhirschigen Senderchefs, die erfolgshungrigen, aber inspirationslosen Fernsehschreiberlinge, die anzüglichen Ehemänner – und mittendrin Barbara, die dem Kleinstadtmief entfliehen will und mitten hineingerät in eine weitere Männerdomäne, die sie beharrlich auf ihr Äußeres zu reduzieren versucht. Welche Relevanz aber hat Hornbys halb bissiger, halb nostalgischer Roman über Fernsehen und Gesellschaft des Post-50er-Jahre-Englands für das Hier und Jetzt? Die Antwort bleibt „Miss Blackpool“ chuldig, sie könnte aber auch lauten: nicht so wichtig – Hornbys pointiertes Dialog-Pingpong, zurechtgeschliffen bis ins letzte Detail, genügt sich wieder einmal selbst. Damit ist „Miss Blackpool“ zwar kein Quantensprung, aber das übersolide Werk eines Autors, der weder sich selbst noch der Welt mehr etwas beweisen muss.

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