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Nikolaj Lie Kaas

Nikolaj Lie Kaas hat in vielen guten Filmen aus Dänemark mitgespielt. Er gibt Deutschland bei der Euro 2004 keine Chance und findet Frauen klasse. _ulysses traf den 31-jährigen Schauspieler am Kopenhagener Flughafen zu einem Gespräch über die Untiefen der Liebe.

_ulysses: Nikolaj, was ist typisch dänisch?

Nikolaj Lie Kaas: Dänen können leichter den intellektuellen Zugang zu Dingen abwerfen, mit dem Strom schwimmen, entspannen und einfach schauen, was für Gefühle so kommen. Wir machen viele Dinge – auch die Arbeit –, eher, weil wir Lust drauf haben und weniger aus einer bewussten Pflichterfüllung heraus. Das überlassen wir den Schweden und den Deutschen.

_ulysses: Lieben die Dänen anders?

Kaas: Wir denken viel über die Liebe nach, meist zuviel. Liebe kann man aber nur fühlen, nicht denken. Wenn man versucht, seinen Kopf die Arbeit machen zu lassen, kriegt man Probleme. Die südliche Mentalität ist wohl entspannter, auch wegen des warmen Wetters.

_ulysses: Wir Deutschen gehen die Liebe auch zu oft mit dem Intellekt an anstatt zu sagen: Scheiß drauf, ich probier’s einfach aus …

Kaas: Darin bin ich Weltmeister. Langsam gewöhne ich mich jedoch ans Zurücklehnen. Ich habe jetzt eine Freundin, die ich sehr liebe, und je weniger ich über unsere Beziehung nachdenke, desto glücklicher bin ich und umso leichter fällt es mir, zu lieben. Man denkt immer, man könnte losgehen und etwas Besseres finden, etwas, das exakt nach den eigenen Vorstellungen geschneidert ist. Aber das kann man nicht, darin liegt ja der Zweck der Liebe.

_ulysses: Warum rennen wir dann immer wieder raus und schauen uns nach einer besseren Beziehung um?

Kaas: Vielleicht ist das eine Männersache. Oder es hat mit Jugend zu tun, die man nie ablegt. Ich habe einen Freund, der ist 59 und macht das immer noch, der wird sich auch nicht ändern. Es gibt nichts zu jagen, es gibt nichts herauszufinden. Das einzig Interessante ist die Jagd selber. Wir haben das alle schon gemacht: nach etwas suchen, was unmöglich zu finden ist. Das muss man auch tun. Aber man sollte auch fähig sein, zu genießen, was man hat. Das ist eine Zwickmühle.

_ulysses: … aus der man nicht rauskommt. Denn wenn man seine große Liebe gefunden hat, woher weiß man dann, dass es da draußen nicht noch eine größere Liebe gibt?

Kaas: Der Sinn der Liebe ist, seine Gedanken nicht woanders hingleiten zu lassen. Ich hatte nie eine Beziehung, in der ich nicht an einem bestimmten Punkt dachte: Ist das in Ordnung so? Ist das richtig? Es wäre Wahnsinn, das nicht zu denken. Es ist die Balance, die einen zum normal

denkenden Individuum macht, die uns Filme machen und Lieder schreiben lässt.

_ulysses: Dennoch schaue ich mich nach anderen Frauen um, obwohl ich eine Freundin habe.

Kaas: Das solltest du auch. Ich war letztens mit meinem Bruder im Auto unterwegs. An einer roten Ampel lief eine Frau über die Straße und ich dachte: Das darf doch nicht wahr sein! Die war nicht nur hübsch, die hatte etwas ganz besonderes. Mein Bruder sagte: Was ist denn los mit dir? Dann wurde es grün, ich fuhr nicht los, aber es hupte auch keiner hinter mir. Ich drehte mich also um und da saßen sieben Typen in sieben Autos, die alle diese Frau anstarrten!

_ulysses: Kannst du „Ich liebe Dich“ sagen?

Kaas: Ich sage das oft zu meiner Freundin und hatte damit auch nie Probleme. Man sollte nicht immer auf den perfekten Moment warten, denn man könnte ihn verpassen. Selbst, wenn der Moment nur fünf Sekunden dauert, selbst wenn ich Fußball gucke – wenn ich es sage, meine ich es auch. So macht man das, und nicht anders. Warum warten?

_ulysses: Weil man nicht genug Mut hat?

Kaas: Man hat immer Ausreden. Meine Eltern begingen beide Selbstmord, als ich noch sehr jung war. Ich war dann so: Tja, ich wurde früh sehr enttäuscht, also kann ich mich schwer auf Menschen einlassen. Aber das ist Quatsch. Ich hatte davor eine wunderbare Kindheit, ich bin kein Freak, ich kann gut mit Leuten, ich habe ein großes Herz. Ich akzeptiere aber, dass sich bestimmte Dinge nie ändern werden. Ich werde auch mit 70 noch jungen Frauen nachschauen. Und warum auch nicht? Frauen sind fantastisch.

Interview: Volker Sievert

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