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Palomino

Echte Stars sterben aus, die Branche bricht zusammen. Da kann man nicht einfach nur zusehen, findet das Hamburger Duo Palomino. Und kreiert einfach ein Gegenserum.

Es soll ja Menschen geben, die einen C&A-Laden in ihrer Kindheit nur betraten, um die schwarzen Plastikpferdchen von Palomino-Jeans abzumontieren. Ein in den 80ern begehrtes Sammlerobjekt, das längst ausgestorben ist. Dafür wird Palomino jetzt musikalisch wiederbelebt: von einem Elektropopduo aus Hamburg, das genauso unzähmbar, freiheitsliebend und wohlwollend wie die namensgebenden Wildpferde um die Ecke galoppiert. Mit Diebstählen von Viehzeug aus Kaufhäusern haben die beiden allerdings nichts im Sinn.

„Ich war damals eher der Jinglers-Jeans-Fan”, beteuert Multiinstrumentalist Louis C. Oberländer, sozusagen der „Hengst” bei Palomino. Seine „Stute” heißt Lana Quish. Als sie sich Ende der 90er auf der Party eines Freundes trafen, funkte es nicht nur privat, sondern auch musikalisch. Ihre Mission: „Einen Evergreen zu schreiben. Ein Lied, das zu uns gehört wie ‚Sweet Dreams’ zu den Eurythmics”, sagt Sängerin Lana. Dabei hat Louis das eigentlich mit anderer Besetzung längst erreicht. Bis 1995 war er Teil der Band Jeremy Days, schrieb mit „Brand new Toy” einen Radioklassiker ohne Verfallsdatum.

Doch darum macht er nicht viel Worte, denn Palominos catchy Melodien sind wohl die einzige Parallele, die sich dazu noch ziehen ließe. Und schließlich birgt auch das Debüt „Electric Silvergrass” viel Ohrwurm-Potenzial. „Trotzdem machen wir für einen Hit relativ wenig Kompromisse. Wir sind kein künstliches Projekt. Wir haben nie nur diesen einen glattpolierten Sound. Wir reichern immer an mit live gespielten Gitarren, Bass und Klavier, damit die Musik nicht nur vor sich hintuckert, sondern anfängt zu pulsieren und zu leben”, sagt Louis. „Es gibt ja nichts Frustrierenderes, als Erfolg zu haben und trotzdem mit dem Resultat unzufrieden zu sein. Ein Dieter Bohlen macht hunderte erfolgreicher Platten, aber er sucht eigentlich Anerkennung. Doch die wird er vermutlich nie bekommen.”

Palomino lieben die richtigen Stars. Und sie haben keine Angst davor, selbst welche zu werden. „Wir schauen gern zu Künstlern auf“, sagt Lana, „aber zu solchen wie David Bowie, Madonna und Prince.” Und aus der Verzweiflung darüber, dass solche Kaliber kaum noch nachwachsen (dürfen), produzieren Palomino halt elf eigene kleine Oden an die Großartigkeit des Pop. Viele davon testete das Duo schon letzten Sommer als Support von Rosenstolz und Mia – mit Erfolg.

Auch ihr Video „Perfect Accident” lief bei MTV und Viva rauf und runter. Nicht verwunderlich: Schließlich sind Palomino Ästheten und ihre Songs nur Teil eines Gesamtkonzepts. „Wir suchen eine Kunstform. Wenn wir uns einfach in Jeans präsentieren würden, fände ich das langweilig“, sagt Louis. Wenig Hoffnung also für Plastikpferdediebe.

Katja Schwemmers

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