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Paolo Giordano: Schwarz und Silber

Liebe kann nur dann von Dauer sein, wenn eine externe Instanz sie anerkennt. So kann sich der Ich-Erzähler – wie der Autor promovierter Physiker – in Giordanos drittem Roman dem Konstrukt Beziehung am besten nähern: potenziell offen für Sekundäranalysen. Seine elegisch-rationale Weltsicht trennt ihn von seiner lebensfrohen Frau, das Unverständnis für dessen Matheschwäche von seinem Sohn. Ihre kontrollierende Konstante ist Kinderfrau Signora A., die mit Aberglauben und naiven Lebensweisheiten Risse in der Familie füllt; die stört und so mehr Nähe schafft; die an Krebs erkrankt und stirbt. Unaufgeregt erzählt der Bestsellerautor von den Auswirkungen, die ein unterschätzter Verlust auf zwischenmenschliche Beziehungen haben kann: einstudierte Werte werden neu geordnet, die Selbstverständlichkeit von Gefühlen infrage gestellt. Trotz aufdringlicher Krebsanalogie und einem Hang zu bedeutungsschweren Absatzausgängen gelingt es Giordano, ein reizvolles Verhaltensparadoxon abzubilden: die Abkehr zueinander. (no)

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