Plünderer der Popkultur
Wenn ein neuer Film von Quentin Tarantino in die Kinos kommt, ist der Rummel groß. Doch ist er überhaupt noch berechtigt?
„The Hateful 8“ belegt erneut, was sich bereits in „Django Unchained“ (2012) andeutete:Tarantinos Stilrepertoire hat sich erschöpft, sein Name ist nunmehr zur Marke erstarrt. Der „Pulp Fiction“-Regisseur war schon immer vor allem ein großer Zitator, der für seine Filme die Archive der Popkultur und des Kinos plünderte. Wer in den Untiefen der (Genre-)Filmgeschichte wühlt, stößt regelmäßig auf Versatzstücke aus seinen Filmen, in Dialogsätzen, Kleidungsstücken, Bildeinstellungen. Tarantino hat das Recycling zur Kunstform erhoben – mittlerweile bedient er sich aber am liebsten in der eigenen Filmografie.
So ist auch „The Hateful 8“ wieder geprägt von ausschweifenden Dialogkaskaden – allerdings ohne die frühere Prägnanz – und betont cool inszenierten Gewaltspitzen, diesmal mit besonders zynischem Beigeschmack, wenn das Blut hektoliterweise aus in Nahaufnahmen zerberstenden Schädeln spritzt und der Schütze daraufhin lässig mit gezückter Waffe posiert. Dazu: Kapiteleinteilungen, Rückblenden, scheinbar willkürlich gesetzter Voice-over, inflationärer Gebrauch des Wortes „Nigger“, schmissige Spitznamen und natürlich ein ulkig verkleideter Samuel L. Jackson, der oft und viel flucht. Klingt vertraut? Eben. Selbst der originärste Stil stagniert, wenn er nicht mit neuen Inhalten unterfüttert wird – die Relevanz und Frische von einst erreicht Tarantino jedenfalls längst nicht mehr.
Siegfried Bendix