„Porträt einer jungen Frau in Flammen“ bei One
Im 18. Jahrhundert verlieben sich die Malerin Marianne und ihr Modell Héloïse ineinander. Wie lebt man das damals unlebbare Begehren?
Zwei Frauen, die sich im 18. Jahrhundert ineinander verlieben – wozu für einen queeren Liebesfilm zweieinhalb Jahrhunderte in die Vergangenheit schweifen? Malerin und Kunstlehrerin Marianne (Noémie Merlant) wird von einer ihrer Schülerinnen nach einem Bild gefragt, das eine Frau zeigt, deren Kleid in Flammen steht. Und sie denkt daran zurück, wie sie von Paris auf eine Insel an der Küste der Bretagne reist, um dort die Klosterschulabsolventin Héloïse (Adèle Haenel, „Die Blumen von gestern“) zu malen. Diese soll eine arrangierte Ehe eingehen und sich für ihren potenziellen Ehemann porträtieren lassen – und weigert sich als letzte Möglichkeit der Rebellion, Modell zu stehen. Marianne muss das Bild also heimlich aus dem Gedächtnis anfertigen – und während sie Héloïse folgt, um sich ihr Gesicht einzuprägen, entwickelt sich eine zaghafte Annäherung.
Beim Filmfestival von Cannes hat der Film von Regisseurin Céline Sciamma damals den Drehbuchpreis erhalten, dabei erzählen Blicke hier mehr als Worte. Natürlich geht es um die Enge einer patriarchalen Ordnung, in deren Dienst sich auch Marianne stellen muss, indem sie den Auftrag annimmt. Sciamma hinterfragt aber auch Konventionen im Allgemeinen – immer mehr wird aus dem Bild, das Héloïse gemäß der gesellschaftlichen Vorstellungen zeigt, ein tatsächliches Abbild von ihr. Und nicht zuletzt überschreibt Sciamma auch den männlichen Blick, der seit jeher die Kunstgeschichtsschreibung prägt. Spätestens, wenn de Film dabei mit poetischer Beiläufigkeit das Rätsel um das entflammte Kleid auflöst, ist klar, warum ein queerer Liebesfilm zweieinhalb Jahrhunderte in die Vergangenheit schweifen muss: Es ist die reine Leinwandmagie. sb