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Reyhan Sahin und Kübra Gümüsay: Feminismus, divers

Sie sind Feministinnen der dritten Generation, sie haben Migrationshintergrund, sie sind aber nicht immer einer Meinung: Reyhan Sahin und Kübra Gümüsay.

Beste Freundinnen werden die beiden Feministinnen der dritten Generation wohl nicht mehr, und man kommt nicht umhin, als maßgeblichen Grund die unterschiedliche Glaubensrichtung und die damit verbundene Sozialisation in Deutschland zu sehen. Kübra Gümüsay ist gläubige Muslima und sieht als bekennende Kopftuchträgerin das Kopftuch nicht als Symbol der Unterdrückung, sondern der Rebellion, des Punk. Reyhan Sahin ist türkisch-muslimische Alevitin und wurde schon als Kind durch ihren Bruder mit HipHop sozialisiert. Obwohl beide Gastarbeiterkinder sind, nahmen ihre Biografien einen gänzlich unterschiedlichen Verlauf: Gümüsay studierte in Hamburg und London Politikwissenschaft und lebt mit Mann und Kind nach Jahren in Oxford wieder in Hamburg. Sie war taz-Kolumnistin, sprach auf Kongressen der Grünen, und ihre Kampagne #ausnahmslos wurde mit dem Klara-Zetkin-Preis der Partei Die Linke ausgezeichnet.

Reyhan Sahin: Kübra Gümüsay hat eine unkritische Haltung zum Islamismus

Sahin wurde Anfang der 2000er-Jahre als Kunstfigur und Rapperin Lady Bitch Ray bekannt, allerdings verstanden die Medien ihren damit verbundenen sexpositiven Weiblichkeitsentwurf nicht mal im Ansatz, im Gegenteil: Noch heute wird die promovierte Linguistin Sahin mit den Aktionen ihrer damaligen Kunstfigur gleichgesetzt. Wie sehr Sahin mit diesem falschen Urteil hadert, kann man ihrem aktuellen Buch „Yalla, Feminismus!“ (Tropen) entnehmen, einem differenzierten Blick auf den intersektionellen Feminismus der dritten Generation, der den Feminismus der zweiten Generation als elitäre Haltung vornehmlich etablierter weißer Frauen kritisiert.

Gümüsay ist ebenfalls Vertreterin des Feminismus der dritten Generation, wird von Sahin aber wegen ihrer unkritischen Haltung zum Islamismus kritisiert, was sie in ihrem neuen Buch „Sprache und Sein“ (Hanser Berlin) komplett an sich abperlen lässt. So problematisch ihre (frühere und nie kommentierte) Nähe zu Erdogan, zur Muslimbruderschaft und zur Milli Görüs sein mag: Gümüsays Pochen auf eine Sprache, die im Diskurs Augenhöhe zulässt, ist mit großer Entspanntheit formuliert und so auch im Stil gänzlich anders als Reyhan Sahin. Empfehlung: Beide Bücher lesen! jw

„Sprache und Sein“ von Kübra Gümüsay können Sie hier bestellen.
„Yalla, Feminismus!“ von Reyhan Sahin können Sie hier bestellen.

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