Rinus Spruit: Maartens perfekte Welt
Maarten sucht die richtige Frau. Weil er schüchtern ist, macht er das, indem er Kontaktanzeigen in der Zeitung aufgibt. Und Maarten möchte der beste Krankenpfleger der Welt sein. Und ein grossartiger Fotograf. Wahrlich, Maarten ist ein Perfektionist. Und trotzdem – oder gerade deswegen? – bleibt seine Lebensgeschichte so flach wie die niederländische Landschaft, durch die er unermüdlich strampelt. Die Höhepunkte sind nicht besonders hoch, die Tiefpunkte nicht besonders tief. Maarten hat grosse Pläne und setzt sie nie in die Tat um. Die alles entscheidende Erfahrung, die grosse Wende bleibt aus. Maarten lebt und strebt und scheitert, aber ohne Aufsehen zu erregen, ohne Fanfaren und Tamtam, sondern still für sich. Sein Leben ist so, wie Leben eben sind – ohne innere Logik, zufällig, überschaubar, ein bisschen langweilig. Zugegeben, das kling nicht gerade nach den Zutaten, aus denen Bestseller gebacken werden.
Und doch zeichnet genau sein fast schon fader Stoff Linus Spruits Buch aus: Es weigert sich konsequent, spannend zu sein – und gewinnt just dadurch eine ungewöhnliche Anziehungskraft. Bis zum Schluss wartet man als Leser darauf, dass irgendetwas geschieht, was die Genrebezeichnung „Roman“ rechtfertigen würde, dass die angedeuteten negativen Gefühle Maartens seinem Vater gegenüber einen gewaltigen Vater-Sohn-Konflikt entfesseln zum Beispiel. Oder dass Maarten Aagje wiedersieht, die doch die Frau seines Lebens ist – obwohl er sie erst lieben kann, als sie nicht mehr da ist. Doch nichts dergleichen. Alle Andeutungen verlaufen im Nichts, alle denkbaren Handlungsverläufe entpuppen sich als falsche Fährten. „Maartens perfekte Welt“ lebt nicht von seinem spannenden Plot, nicht von seiner komplexen Struktur, von seinem Witz oder seiner Sprachgewalt, sondern von der leisen Poesie des Alltäglichen, Unspektakulären, die Spruit in hübsche, schlichte Sätze bannt. Der Roman ist eine Ode an all die gewöhnlichen Menschen und ihre gewöhnlichen Leben, über die normalerweise keine Bücher geschrieben werden. (jc)