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Roman Polanski

„Rosemarys Baby“ revisted. In Polanskis neuem Film geht’s wieder mal um den Teufel. Neun Tore sind zu überwinden, um zu ihm in die Hölle zu gelangen. Eine bibliophile Kostbarkeit aus dem 17. Jahrhundert weist den Weg und der Bücherdetektiv Corso (Johnny Depp) reist im Auftrag eines mysteriösen Sammlers durch Europa, um das richtige Exemplar ausfindig zu machen.

city.mag: Von der Romanvorlage, Arturo Perez-Revertes „Der Club Dumas“, ist in Ihrem Film eigentlich nicht mehr viel übriggeblieben.

Polanski: Das Buch gehört in die Kategorie „Ziegelstein“, vergleichbar mit „Im Namen der Rose“: Jede Menge Plots und verschiedene Handlungsstränge, die in die unterschiedlichsten Richtungen gehen. Auf den ersten Blick erscheint er nicht verfilmbar. Ich mußte mich bei meiner Adaption für einen Handlungsstrang entscheiden. Für mich ist es einfach ein guter Thriller mit großartigen, farbigen Charakteren und ich fand es sehr interessant, daß das Geheimnis in Buchillustrationen versteckt ist. Es gab mir die Möglichkeit, diese Zeichnungen in langen Close-ups zu zeigen und das Rätsel aus diesen Bildern heraus zu lösen.

city.mag: Sie haben ja schon einmal einen Film über den Teufel gedreht. Haben Sie eine spezielles Faible fürs Diabolische?

Polanski: Ich fühle mich alle 30 Jahre vom Teufel angezogen. Jetzt war es eben mal wieder soweit.

city.mag: In letzter Zeit sind sehr viele Filme ins Kino gekommen, die von den letzten Dingen, von Weltuntergang oder mystischen Zahlen handeln –“End of Days“, „6th Sense“ und nun ihre „Neunte Pforte“.

Polanski: Das ist reiner Zufall. Ich war überrascht, als ich das nach Fertigstellung meines Filmes feststellen mußte. Die Tatsache, dass sich die Zahl 1999 in 2000 veränderte, bedeutet mir absolut nichts. Außer, daß Zeit vergeht. Daß ich auf einer wie auch immer gearteten Welle mitschwimmen würde, ist natürlich Blödsinn. In Frankreich hat man mir auch die Szene mit der Teufelsmesse vorgehalten; sie wäre Kubriks „Eyes Wide Shut“ abgeschaut. Ich war zwar mit Stanley sehr gut befreundet, aber jeder weiß, daß niemand mehr Geheimnis um seine Arbeit machte, als er. Wie hätte ich also ich von seiner Szene wissen sollen!

city.mag: Das Ende des Films ist irgendwie nicht ganz fair. Zwei Stunden lang beobachten wir Menschen, wie sie den Schlüssel für das Höllentor suchen, ihn finden, die Türe öffnen. Aber statt uns zu zeigen, was dahinter ist, läuft schon der Abspann. In „Rosemarys Baby“ schenkten Sie uns immerhin für den Bruchteil einer Sekunde die Augen des Teufels.

Polanski: Ich habe schlicht keine Ahnung, was sich hinter dem Tor zur Hölle befindet! Es ist einfach nur ein Werbespot für die Hölle. Nur, daß du überhaupt keine Ahnung, hast was du dir da eigentlich kaufst. Der Unterschied zu „Rosemarys Baby“ ist, daß bei Rosemary nicht klar ist, ob es sich um einen schrecklichen Alptraum oder eine reale Erinnerung handelt. Diese Ambivalenz ist wichtig. „Rosemarys Baby“ ist ein sehr ernsthafter, psychologischer Thriller. „Die neunte Pforte“ hingegen ist viel mehr eine Art Märchen mit satirischen Einschlägen.

city.mag: Glauben Sie an die Existenz des Teufels?

Polanski: Ich bin Rationalist. Ich glaube nicht an das personifizierte Böse. Ich kann deshalb nur mit ironischer Distanz an ein solches Thema herangehen.

Interview: Axel Schock

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