Ross Thomas: Der Messingdeal
Philip St. Ives hat mal wieder einen Koffer mit 250 000 Dollar in seinem Badezimmer stehen. Doch der ist ihm eher lästig. Eigentlich möchte sich der ehemalige Journalist nur noch um seine Pokerrunden kümmern und die Kopfschmerzen mit Scotch kurieren. Doch seine Luxussuite in einem abgehalfterten New Yorker Hotel und die Unterhaltsforderungen seiner Exfrau strapazieren böse sein Konto. Und so geht er eher widerwillig immer wieder ungewöhnlichen Spezialaufträgen nach, die ihm von seinem Anwalt angetragen werden. Als Mittelsmann übergibt er Lösegelder und nimmt gestohlene Gegenstände oder entführte Geiseln in Empfang. Und da dem dandyhaften Hasenfuß leichtsinniges Heldentum ziemlich am Arsch vorbeigeht, gilt er inzwischen als besonders vertrauenswürdig. Diesmal soll er einen achthundert Jahre alten afrikanischen Messingschild auslösen, der aus einem Washingtoner Museum gestohlen wurde. Doch die Geldübergabe wird verzögert, und St. Ives gerät in ein verwirrendes Netz, das tumbe Kleinganoven, machtbesessene Politiker, ein US-Ölkonzern und die Museumsleitung um ihn spinnen. Bald schon gibt es die ersten Toten unter den Helfern der Diebe, und St. Ives ahnt, dass der Messingschild eine wichtige Rolle in einem Bürgerkrieg und bei politischen Interessen um Bodenschätze spielt. Als dann zwei mysteriösen Abgesandte eines westafrikanischen Kleinstaats seine Wege kreuzen, eskaliert die Situation: Mr. Mbwato und Mr. Ulado wollen den Messingschild und drohen, mit Hilfe ihres elektrischen Lockenstabes die nötigen Informationen zu erfragen. St. Ives muss mit mehr als seinem Pokerface verhindern, dass der Wahnsinn nicht noch mehr Opfer fordert – und so ist er am Ende froh, dass die Versicherung der Autovermietung die Schäden für Einschusslöcher abdeckt und er den blöden Koffer endlich losgeworden ist. Aus heutiger Sicht bietet der erste der insgesamt fünf Philip-St.-Ives-Romane ein zeitlos spannendes Katz-und-Maus-Spiel mit coolem Retrotouch. Der sympathische Antiheld agiert lässig durch eine rasante Story mit augenzwinkernden Seitenhieben auf das verkommene und korrupte Nixon-Amerika. Und wer nach „Der Messingdeal“ noch immer nicht genug von lässigen Typen mit tortenstückgroßen Krawattenknoten hat, macht auch mit der Ross-Thomas-Gesamtausgabe aus dem Berliner Alexander Verlag nichts falsch: Thomas‘ elegante Mischung aus ungewöhnlichen Helden, Situationskomik und sarkastischen Dialogen etabliert ihn ganz generell als einen der besten Politthrillerautoren des 20. Jahrhunderts. Er verbindet seine Vorbilder Hammett und die britischen Krimiklassiker des Golden Age zu einem eigenen Stil, der uns die krisengeschüttelten 1970er spüren läßt und dabei stets mit gnadenlos guten Kniffen verblüfft.